Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 160

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17.43

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesre­gierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Marek, ich frage Sie: Was kann eine Frau von einem Mann bei einem Einkommen von 854 € an Unterstüt­zung fordern, um sich vernünftige Beiträge leisten zu können? – So viel nur einmal zur Realität und wie es mir täglich unterkommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Marek: Famili­enpflichten!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon sehr viel Grundsätzliches zum Streik gesagt worden, und zwar in der Art, dass Streik kein geeignetes Mittel sei. Mir ist bei der ganzen Debatte die Frage abgegangen, warum überhaupt gestreikt wird. Das ist von niemandem angesprochen worden. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass, ich glaube im Jahre 1996, die Bauern um ihre Existenz gebangt und mit ihren Traktoren den Ballhausplatz zugemacht haben. Ich habe vollstes Verständnis dafür, ich habe sie seinerzeit unterstützt und bin auch dort hingegangen, nur dort ist es ... (Abg. Neudeck: Mit dem Traktor?) – Ja genau! Mit den Traktoren waren sie in der Stadt, in Wien. (Abg. Neudeck: Nein! Ich möchte wissen, ob Sie mit dem Traktor dort waren?) – Nein, ich war ohne Traktor dort. Ich bin keine Bäuerin, leider, ich wollte immer gerne eine werden, es ist mir jedoch nicht gelungen. (Abg. Neudeck: So viele Bauern suchen eine Frau ...!)

Aber so ist es eben (Abg. Neudeck: Die Bauern sagen immer, sie finden keine Frau­en!): Wenn die eine Gruppe demonstriert, ist es okay, wenn aber die andere Gruppe, in diesem Fall die Arbeitnehmer, demonstrieren, und zwar weil es um die Erhaltung ihrer sozialen Rechte geht und auch darum, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wie künftig Konflikte um Wirtschafts- und Sozialpolitik im Hause Österreich ausgetragen werden, ist es nicht legitim.

Ich erinnere auch daran, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass eine Politik der Ausgrenzung der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen Österreich bereits einmal in die Katastrophe geführt hat, und dass alle Beteiligten die Lehre aus diesen Erfahrun­gen gezogen und dadurch die Grundlagen für das erfolgreiche Modell der Sozialpart­nerschaft geschaffen haben. Das sollten Sie, das sollten wir alle nicht vergessen!

In Anbetracht dessen, dass der Wunsch der Sozialpartner eine gemeinsam erarbeitete Pensionsreform im September war, frage ich mich, was ist der Grund dafür, dass zwei Monate vorher, jetzt im Juni, mittels Fristsetzungsantrag genau dieser traditionelle, gute, friedliche, für den Standort Österreich so wichtige, wertvolle Weg nicht mehr ge­gangen werden soll. (Abg. Wittauer: Weil wir arbeiten, und nicht streiken!)

Es wurde heute auch gesagt, die Pensionsreform müsse gemacht werden, damit die Solidarität zwischen den Berufsgruppen halte. – So weit, so gut! Die Realität ist – und das ist im aktuellen „NEWS“ nachzulesen –, dass etwa Professor Tomandl, der Exper­te, offensichtlich, wenn man „NEWS“ Glauben schenken darf, Pensionsansprüche in der Höhe von 100 Prozent des Letztbezuges hat.

Und nun erzähle ich Ihnen von einem Beispiel, wie es sich gestern bei mir zugetragen hat: Es ist ein Mann zu mir gekommen, fix und fertig, mit Tränen in den Augen, 1948 geboren – also 55 Jahre alt –, gelernter Tischler. Er hat 40 Beitragsjahre, war 20 Jahre bei einer Firma, die jetzt in Konkurs gegangen ist, seit Februar 2003 ist er arbeitslos. Er hat seither 20 Bewerbungen an Betriebe geschickt, von diesen ist 12 Mal die Antwort gekommen, er passe vom Alter her nicht in das Team. Ich frage Sie: Wie weit ist dieser Mensch von einer Welt entfernt, die den Menschen Chancen bieten soll, wie der Herr Bundeskanzler heute gemeint hat?

Dieser Mann war gestern bei mir und hat mich gefragt: Frau Hagenhofer, wie soll es mit mir weitergehen? Meine Frau ist bei der Post teilzeitbeschäftigt, jeden Tag warten


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