Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 172

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18.29

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn ich mir Ihre Politik anschaue, dann sehe ich, dass Sie überhaupt nicht wissen, was es bedeutet und wie hart es ist, im Schicht­turnus und Wechseldienst zu arbeiten.

Das tun in Österreich aber über 580 000 Menschen, und auf diese Menschen nehmen Sie überhaupt keine Rücksicht bei Ihrem Pensionskürzungsmodell! Für diese Men­schen, die unter erschwerten Bedingungen arbeiten, brauchen wir jedoch unbedingt Erleichterungen beim vorzeitigen Pensionsantritt, denn es ist entweder unmenschlich brutal oder absolut weltfremd und total abgehoben von der wirklichen Arbeitswelt, wenn Sie diese Menschen zwingen wollen, ausnahmslos bis zum 65. Lebensjahr arbei­ten zu müssen, sofern diese Menschen überhaupt noch eine Arbeit haben bezie­hungsweise eine Arbeit finden.

Meine Damen und Herren! Werfen Sie Ihren Blick nicht immer nach Deutschland, son­dern werfen Sie Ihren Blick auf diese Menschen und tragen Sie Verantwortung für die­se Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nach neuesten Daten erleben 20 Prozent der ASVG-Versicherten in Oberösterreich das 65. Lebensjahr nicht, und Schichtarbeiter haben eine durchschnittliche Lebenser­wartung von erschreckend niedrigen 63 Jahren. Diese Regierung will nichts anderes, als diese Menschen, die ihr Leben lang härtest und unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet haben, bis in den Tod hinein schuften zu lassen, denn diese Menschen wer­den das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren in der Regel gar nicht erleben.

Meine Damen und Herren! Wenn ein Schichtarbeiter jahrzehntelang in die Pensions­versicherung einzahlt und dann durch das brutale Hinaufsetzen des Pensionsantrittsal­ters auf 65 Jahre die Pension gar nicht mehr genießen kann, dann ist das glatter Pen­sionsraub! Anders kann man es nicht bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ist Ihnen klar, dass Sie damit dabei sind, den Lebensabend für diese Menschen abzuschaffen? (Abg. Mag. Mainoni: Geh!) Viele dieser Menschen werden es nämlich rein körperlich nicht schaffen, die Ar­beitsbelastung bis ins hohe Alter durchzuhalten. Sie werden vor dem Erreichen des Pensionsalters krank werden oder sterben, oder sie werden vor dem 65. Lebensjahr arbeitslos werden und werden keinen Arbeitsplatz mehr finden, weil sie kein Unter­nehmen mehr nimmt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Über vier Jahrzehnte langes hartes Arbeiten, drohende Arbeitslosigkeit im Alter und zusätzliche Pensions­kürzungen, wie sie jetzt immer noch von der Regierung beabsichtigt sind, bedeuten eine unzumutbare und skandalöse Benachteiligung für diese Menschen!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das nicht einsehen, dann ist Ihnen entweder intellektuell ohnehin nicht mehr zu helfen, oder Sie werden von unlauteren, zynischen Motiven und Verachtung diesen Menschen gegenüber getrieben! Und all das nur, um kurzfristig Geld fürs Budget und die Abfangjäger zusammenzukratzen! Sie begehen im wahrsten Sinne des Wortes Pensionsraub an diesen Menschen, die am härtesten ar­beiten, ohnehin geringe Pensionen bekommen und noch dazu die geringste Lebens­erwartung haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In den Verhandlungen mit den Sozialpartnern ist Bundes­kanzler Schüssel in den entscheidenden Fragen stur geblieben. Ein Kernpunkt für das Scheitern der Gespräche war zum Beispiel die von der Regierung behauptete Begren­zung der Pensionsverluste mit 10 Prozent. Diese Deckelung soll jedoch nur wenige Jahre gelten, bis das beitragsorientierte Pensionskonto eingeführt wird. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Für dann sind die ursprünglich radikalen Pensionskürzungen von


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