Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 184

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mit Generaldirektoren in Betrieben diskutieren, sondern sie sollen einmal in einem Stahlwerk eine Woche lang wirklich hackeln, um zu sehen, unter welch schweren Be­dingungen die Leute dort arbeiten müssen. Es finde es angesichts dessen zynisch, zu sagen: Geht einfach dreieinhalb Jahre länger arbeiten! Ich sage: 45 Jahre lang zu ar­beiten, das ist genug! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich mir den heutigen Abänderungsantrag anschaue, dann gelange ich zu der Erkenntnis, dass es sehr viele realitätsfremde Menschen auf dieser Seite herüben (der Redner zeigt in Richtung ÖVP) gibt, denn es gibt kaum mehr Betriebe, die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die über 55 oder über 60 Jahre alt sind, überhaupt noch beschäftigen. Im Gegenteil: Diejenigen, die dazu beigetragen haben, die Unternehmen aufzubauen, die sich abgerackert haben, bekommen einen Fußtritt versetzt, weil sie die Leistungen, die an sie gestellt werden, gar nicht mehr erbringen können. So reali­tätsfremd, wie Sie agieren, das ist ein Wahnsinn, wenn Sie sich dann hinstellen und sagen: Als Dankeschön dafür bekommt Ihr 12 Prozent Pension weniger! (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Oder hat es sich auch bis zu Ihnen noch nicht durchgesprochen, dass bereits 50 Pro­zent der über 60-Jährigen aus der Arbeitslosigkeit in Pension gehen und dass die Arbeitslosenrate durch die verfehlte Politik der letzten drei Jahre bei den über 60-Jähri­gen um 204 Prozent gestiegen ist und dass die Jugendarbeitslosigkeit um 44 Prozent gestiegen ist. Das ist Ihnen anscheinend egal.

Anstatt wirklich gute arbeitsmarktpolitische Konzepte auf den Tisch zu legen, senken Sie die Steigerungsbeträge auf 1,78 Prozent, und die Leute dürfen dafür noch in insge­samt drei Jahren um fünf Jahre länger arbeiten. Sie erdreisten sich, sich vor laufenden Kameras hinzustellen und zu sagen: dafür 10 Prozent weniger! – Danke, außerdem sind es in Wirklichkeit 12 Prozent weniger.

Ich glaube, dass Sie den Überblick über die ganze Materie verloren haben. Schauen Sie einmal in das Handbuch der Sozialversicherungsträger – die durchschnittliche Pension beträgt 914 €! Sie sagen: 10 Prozent davon nehmen wir weg, das ist ohnehin nicht so viel! Das sind durchschnittlich 1,7 Pensionen. Doch das alles nur, um es bud­getmäßig insgesamt kaschieren zu können.

Sagen Sie der Bevölkerung, was es heißt, ein beitragsorientiertes Konto einzuführen! Sagen Sie, dass das heißt, dass die heute 30-Jährigen nach wie vor 40 Prozent Kür­zung ihrer Pensionen zu erwarten haben. Sagen Sie auch weiter, dass die Arbeiter und Angestellten nach Ihrem Modell künftig keine Abfertigung mehr bekommen und zusätz­lich noch eine Privatvorsorge treffen sollen. Erklären Sie das einer Handelsangestell­ten, die Teilzeit beschäftigt ist. Ich sage Ihnen: Solch eine Politik haben sich die Men­schen in Österreich sicherlich nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

Gehen Sie ein auf das, was die Sozialpartner und auch die Oppositionsparteien gesagt haben: ein harmonisiertes Pensionssystem für alle! Ich glaube, Sie wissen selbst nicht, was diesbezüglich jetzt vorliegt, denn für die Beamten gelten nach dem Entwurf, der jetzt vorliegt, sehr wohl 2 Prozent Steigerungsbetrag bis Ende dieses Jahres, und die Arbeiter und Angestellten sind Ihnen in Wirklichkeit Wurscht.

Starten Sie den Versuch, gemeinsam mit uns ein Konzept zu erarbeiten, denn sonst komme ich in die Versuchung, zu sagen: Solch eine Regierung haben sich die Öster­reicherinnen und Österreicher nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


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