Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 194

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ähnliche Zusammensetzung auf –, dass auch Fraueninteressen wahrgenommen und umgesetzt werden sollen, tun sich die Gremien – vielleicht nicht nur wegen der Zu­sammensetzung, sondern manchmal auch wegen des Inhalts – schon wesentlich schwerer. Aber egal, ob es um Teilzeitarbeit und um den Schutz bei Teilzeitarbeit und um die sozialrechtliche Absicherung von Teilzeitarbeit oder um ein Thema wie den Mindestlohn in der Höhe von 1 100 €, wie wir ihn vorschlagen, geht: Da lahmt das Inte­resse sehr schnell – zumindest nach den Wahlen. Vor den Wahlen – das gebe ich zu – haben sich die verschiedenen Parteien um die Urheberschaft des Mindestlohns gestrit­ten.

Die FPÖ hat gesagt: Wir waren die Ersten, wir haben eigentlich den Mindestlohn ent­deckt. Dann hat die ÖVP-Steiermark aufgezeigt, Abgeordneter Schützenhöfer hat ge­sagt, er habe schon seit den achtziger Jahren einen Mindestlohn von damals 7 000 S, dann 10 000 S gefordert. Und Kollege Dolinschek wird sicher auch etwas gefordert haben.

Ich habe diese Debatte über einen Mindestlohn schon einige Zeit lang mitverfolgt und bemerke, dass man immer dann, wenn es darum geht, es umzusetzen, das Thema Mindestlohn, ein Frauenthema, gern weiterreicht. So nun auch die Koalitionsparteien, die sagen: Uns ist dieses Thema sehr viel wert, aber wir geben es an die Sozialpartner ab; die sollen das regeln!

Kollege Dolinschek, der du so schön nickst und zufrieden bist mit dieser Regierungser­klärung, ich sage dir: Da spießt es sich! Wir haben nämlich mittlerweile nicht mehr die Situation, dass ein Arbeitgebervertreter – von der Wirtschaftskammer – und ein Ar­beitnehmervertreter als kollektivvertragsfähige Körperschaft – von der Gewerkschaft – über einen derartigen Generalkollektivvertrag verhandeln könnten, sondern es gibt auf Arbeitgeberseite außerhalb der Wirtschaftskammer sehr viele andere kollektivvertrags­fähige Körperschaften. Und wenn sich diese zum Thema Generalkollektivvertrag für einen Mindestlohn von 1 100 € oder meinetwegen 1 000 € zusammenfinden müssten, dann bräuchten sie schon einen Raum von der Größe dieses Saales, um sich über­haupt treffen zu können.

Nur: Ich vermute – und genau das ist der Grund, warum ich nicht an die Durchsetzung eines Generalkollektivvertrags zum Thema Mindestlohn glaube –, dass es etliche Ar­beitgebervertretungen gibt, die überhaupt kein Interesse daran haben, einen Kollektiv­vertrag von 1 100 € durchzusetzen.

Deshalb – und unabhängig davon, ob und wie man das Interesse der Kollektivver­tragspartner inklusive Bundeswirtschaftskammer, dieses Thema voranzutreiben, beur­teilt – glaube ich, dass es höchst an der Zeit wäre, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich vor allem zum Schutz und im Interesse jener Arbeitnehmer und Arbeitnehme­rinnen, aber auch im Interesse einer Koalitionsfreiheit und Kollektivvertragsfreiheit zwi­schen den Vertragspartnern, jene Gruppen schützt, die nicht von sich aus und auch nicht durch den Schutz ihrer kollektivvertragsfähigen Körperschaften dazu gebracht werden können, diesen Mindestlohn zu erreichen. Das ist der springende Punkt.

Großbritannien, ein Land, in dem sozialpartnerschaftliche und kollektivvertragliche Tra­dition sicherlich kein großes Thema ist, hat bei einem wesentlich schlechteren Niveau der Löhne letztendlich einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt, umgesetzt und ein Niveau im gesetzlichen Mindestlohn erreicht, das über dem liegt, was wir heute hier als Forderung einbringen. So schaut es inzwischen aus! Es ist Realität, Lohnrealität in Österreich, dass es Personengruppen, vor allem Frauen, gibt, die schlechtere Bedin­gungen und Löhne haben als britische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Das sollte Sie vielleicht doch veranlassen, nicht nur in erster Lesung wohlmeinend dar­über zu debattieren, sondern auch einen Schritt weiterzugehen und im Ausschuss tat-


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