auch kontraproduktiv, weil, wie das Programm zeigt, für wichtige Investitionen kein müder Euro – oder vielleicht einige müde Euro, aber die sind zu wenig, um eine vitale Bundesregierung zu präsentieren – übrig bleibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Ich weiß, durch Ihre gesunde Ernährung werden Sie wahrscheinlich vital sein; das ist auch ein wichtiger Punkt der Gesundheitspolitik.
Gehen wir noch einmal zu den Kosten zurück.
Was gewünscht ist – das interessiert vielleicht auch das Publikum –,
sind junge, gesunde, dynamische, wohlhabende Menschen, die sind der Regierung
natürlich willkommen, weil sie kaum Kosten verursachen. Aber was ist, wenn Sie
dieser Gruppe nicht angehören, wenn Sie zu den Alten, chronisch Kranken gehören?
(Abg. Dr. Brinek: Da haben die Ärzte Freude!)
Da heißt es immer, es wird alles garantiert. Was man aber völlig vergisst, ist, dass über 90 Prozent der Ausgaben in die Krankenversorgung fließen, aber Krankenversorgung nur ein kleiner Sektor der Gesundheitspolitik ist. Krankheit ist immer das Resultat vieler Risken, die sich summieren müssen, um krank zu werden.
Was ist aber mit dem Geld für Gesundheitsstärkung, Gesundheitsvorsorge? – Da liegen wir prozentuell schlechter, gemessen am gesamten Gesundheitsbudget, als in der Entwicklungspolitik, obwohl wir da schon peinlich weit hinten liegen. (Abg. Mag. Hakl: Die größte Steigerung aller Zeiten!) – Ja, „größte Steigerung“! Frau Hakl, was bei Ihnen groß ist, muss bei mir noch nicht groß sein. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Kann sein!) Kann sein, ja.
Aber wenn man nur auf kurzfristige Sparmaßnahmen aus ist – es sollte 1 Milliarde € im Gesundheitsbereich eingespart werden –, kann man natürlich nichts tun, um graue Flecken auf der Landkarte zu beseitigen, und diese existieren in der Rehabilitation, in der Psychotherapie, bei der Versorgung von chronisch Kranken und alten Menschen.
19 Prozent aller Invaliditätspensionen entstehen auf Grund von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Diagnosen. Was ist getan worden? – Psychotherapie auf Krankenschein gibt es immer noch nicht!
Ich habe gesehen, wie 90-jährige Frauen auf meiner Station in Innsbruck nicht in ein Heim zu bekommen waren, wie verwirrt sie eingeliefert worden sind, durch die Technik der Medizin eigentlich immer verwirrter wurden – es hat sich nicht gebessert –, weil die Versorgungsstrukturen in den Pflegeheimen so schlecht sind, weil man an qualitativ gut ausgebildetem Personal spart. Gleichzeitig reden Sie davon, dass 30 000 Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich möglich sind, aber die Bundesregierung und die Landeshauptleute zahlen sie nicht! Das heißt, da fehlt es hinten und vorne. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Es ist auch die Ideologie, dass der, der
krank ist, selbst schuld ist, dass die, die krank ist, schauen soll, wer ihres
Glückes Schmied ist – sie nämlich und nicht die Bundesregierung. Das ist
schon eine eigenartige Betrachtung von Krankheit, denn Sie sollten
wissen – ich sage das jetzt schon zum 100. Mal –, dass
vorwiegend Einkommen, Bildung, Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Umwelt
darüber entscheiden, ob jemand und wie häufig krank wird, wie lange er lebt.
Und was ist diesbezüglich in der Gesundheitspolitik geschehen? – Nichts!
Ich mache nicht Rauch-Kallat einen Vorwurf, denn sie hat das Programm nicht
geschrieben, sondern dem, der das Programm schreibt, und der sitzt auch hinter
mir. (Ruf bei der ÖVP: Wer ist denn das?)
Das Konzept der Selbstbehalte ist natürlich auch nur logisch. Wen trifft das? – Natürlich die Kranken und die durch weniger Bildung, weniger Einkommen, schlechte Wohn- und Arbeitsverhältnisse Benachteiligten. Es trifft ausschließlich die Kranken und ist kein Umverteilungsinstrument, wie es das Solidaritätsprinzip garantieren sollte.