19.12
Abgeordnete Theresia
Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, ich würde mir wünschen,
dass Gebärdensprache in diesem Haus in Zukunft nicht nur eine Eintagsfliege
ist und zweimal im Jahr für 10 oder 15 Minuten gesprochen wird, sondern
dass Gebärdensprache wirklich als Sprache anerkannt wird und auch in diesem
Haus die Übersetzung in Gebärdensprache eine Selbstverständlichkeit wird. Ich
denke, gerade im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung wäre es ein
gutes Zeichen, wenn wir das langfristig einführen könnten! (Allgemeiner
Beifall.)
Dass dies
möglich ist, ist keine Illusion. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es im
Wiener Gemeinderat selbstverständlich ist, dass alle Gemeinderatssitzungen in Gebärdensprache
gedolmetscht werden. Und was sich der Wiener Gemeinderat leisten kann, muss
sich auch das Parlament leisten dürfen.
Was das
Europäische Jahr der Menschen mit Behinderung betrifft, haben wir alle sehr
große Hoffnungen in dieses Jahr gesteckt, weil wir gemeint haben – und mit
„wir“ meine ich immer „wir Menschen mit Behinderung“ –, dass sich sehr
viel verändern wird. Franz-Joseph Huainigg hat es schon erwähnt: Ein halbes
Jahr ist es her, seitdem es dieses Jahr gibt. Es sind angeblich noch viele
Veranstaltungen geplant, aber bis jetzt ist sehr wenig wirklich passiert, und
das finde ich ganz einfach schade.
Die
Europäische Union hat uns vorgegeben, dass sich substanziell etwas ändern muss,
im Interesse der Menschen mit Behinderung und in Richtung des Rechts auf Selbstbestimmung
von Menschen mit Behinderung. Was wir bis jetzt geschafft haben, nämlich dass
es die Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt gibt, ist ein erster Erfolg.
Aber ich
möchte diesen Erfolg nicht überbewerten, weil das Gesetz noch nicht hier im
Haus ist. Ob im Parlament tatsächlich beschlossen wird, dass es ein
Gleichstellungsgesetz gibt, das Menschen mit Behinderung einklagbare Rechte
zuschreibt, werden wir erst sehen. Ich hoffe, dass es gelingen wird, und ich
wünsche mir, dass Sie alle nicht blockieren, sondern dies auch in Ihre Länder
transportieren und dort sagen, wie notwendig und wichtig
Behinderten-Gleichstellung ist. Hier geht es ganz einfach um ein legitimes
Menschenrecht, das uns Menschen mit Behinderung in gleicher Weise zusteht, wie
es nicht behinderte Menschen selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Hätten
wir schon ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz, dann wäre es auch selbstverständlich,
dass Parlamentsreden in Gebärdensprache übersetzt werden müssen. Denn wäre das
bei einem bestehenden Gesetz nicht der Fall, dann wäre das selbstverständlich
eine Diskriminierung von gehörlosen Menschen, und gehörlose Menschen hätten in
diesem Fall ein Klagerecht, weil sie von Kommunikation ausgesperrt werden. Ich
habe Ihnen dieses Beispiel nur genannt, damit Sie eines sehen: Hier geht es um
ganz klare Menschenrechte – nicht um Almosen und irgendwelche Nettigkeiten,
sondern um Rechte!
Ich
möchte noch einen Punkt zum Kapitel Budget und Soziales erwähnen, und zwar das
Pflegegeld. 1993, das ist heute schon erwähnt worden, wurde das Pflegegeld eingeführt,
und 1993 wurde auch festgeschrieben, dass es eine jährliche Valorisierung gibt.
1996 wurde diese Valorisierung von SPÖ und ÖVP aus dem Gesetz eliminiert, und
seither hat es keine einzige Valorisierung mehr gegeben. Das heißt, der Verlust
für jeden einzelnen Pflegegeldbezieher und für jede einzelne Pflegegeldbezieherin
beträgt inzwischen mehr als 25 Prozent. Ich glaube, da ist mehr als
Handlungsbedarf angesagt! (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es hat ja auch so ausgesehen, wie wenn – nur habe ich schon im Dezember gewusst, dass das „wie wenn“, nämlich wenn Minister Haupt wieder Sozialminister wird, dann