Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 142

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Es stellt sich fünftens eine separate Frage, die Frage der verbotenen Geschenk­an­nahme. Das ist ein strafrechtlicher Tatbestand – kein finanzrechtlicher, sondern ein strafrechtlicher Tatbestand – und wird zweifellos von den Gerichten entsprechend ge­prüft werden.

Ich möchte nur in Erinnerung rufen, dass § 304 Abs. 2 des Strafgesetzbuches nicht voraussetzt, dass der Betroffene – in diesem Fall der Finanzminister – ein pflicht­wid­riges Verhalten setzt, sondern § 304 Abs. 2 greift auch dann, wenn sich der Finanz­mi­nister an sich pflichtgemäß verhält, allerdings von Dritten, von einem anderen ent­weder für sich oder für einen Dritten einen Vorteil fordert, annimmt oder sich ver­sprechen lässt. – Also sogar dann, wenn der Finanzminister persönlich gar keinen Vor­teil in An­spruch nähme, könnte § 304 greifen, weil in diesem Zusammenhang der Ver­ein ein Begünstigter ist!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Van der Bellen, ich stelle jetzt die freiwillige Redezeit nach 15 Minuten ab und stelle Ihnen die letzten 4 Minuten gesetz­liche Redezeit ein.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Sehr lieb, danke. (Abg. Mag. Mainoni: Aber es ist noch nichts herausgekommen!) – Ja, wenn Sie das glau­ben! Wenn Ihnen das noch nicht reicht?!

Ich erspare es mir jetzt, die Rolle der Industriellenvereinigung zu thematisieren. Die In­dus­triellenvereinigung wird von sich aus das größte Interesse an einer Aufklärung haben: Wurde sie getäuscht? Hat sie alles gewusst? Hat sie nur einen Teil gewusst? – Es wird ja einen Schriftverkehr, eine Vereinbarung und so weiter geben. Das ist in diesem Zusammenhang auch nicht relevant.

Relevant ist ausschließlich, dass der Finanzminister erstens de facto auf einer Art Payroll der Industriellenvereinigung als Interessenvertretung steht und dass er sich außer­dem den Verdacht des Amtsmissbrauchs, der Steuerhinterziehung und mög­li­cher­weise den Verdacht der verbotenen Geschenkannahme hat zuschulden kommen lassen.

Meine Damen und Herren! Abschließend meine ich, diese Vermischung von öf­fent­lichem Amt und privaten Interessen, wie sie für diesen Fall typisch zu sein scheint, ist auch ein typisches Kennzeichen feudaler Systeme. (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist ein Wahnsinn!) Einer demokratischen Republik ist das unwürdig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Der Herr Finanzminister hat gerade in meinem Rücken gesagt: „Das ist ein Wahnsinn.“ – Zweifellos meint er meine Äußerungen; ich hingegen beziehe diese Aussage auf sein Verhalten. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn jemand nicht bereit ist, die Mindest-Spielregeln einer demokratischen Republik zu beachten, dann, Herr Stummvoll, bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als ihn zum Rücktritt aufzufordern. (Zwischenruf des Abg. Nürnberger.)

In formaler Hinsicht stelle ich daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


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