Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 182

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Ja wissen Sie, Herr Bundeskanzler, was Sie da gesagt haben? – In den USA wäre ein Fall wie der des Herrn Finanzministers nicht denkbar. Es gibt einen Strafrechts­para­graphen – im Unterschied zu Österreich –, der das klar regelt, das ist der § 201 des US Code, der heißt „Bribery, graft and conflicts of interest“. Bestechung, Schmiergelder und Interessenkonflikte werden in diesem Strafrechtsparagraphen behandelt. Der re­publi­kanische Mehrheitsführer des amerikanischen Kongresses, Herr Newt Gingrich, musste zurücktreten, weil er Gelder einer steuerbefreiten Organisation dafür genutzt hat, seinen politischen Zielen Geltung zu verschaffen. – Wir haben einen Finanz­minis­ter, der seinen persönlichen Zielen mit steuerbefreiten Geldern Geltung verschaffen will. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Steibl hält eine Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ in die Höhe und weist den Redner auf die Schlag­zeile auf der Titelseite mit dem Inhalt: „SPÖ-Klubchef urlaubte auf Rot-Kreuz-Kosten“ hin.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie vielmals, wenn ich jetzt etwas sage, was wahrscheinlich nicht auf uneingeschränkte Zustimmung stoßen wird: Wir haben in diesen Punkten leider keine sehr entwickelte politische Kultur, was die Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit betrifft. Auch unsere diesbezüglichen Regelungen sind leider manchmal nicht so klar. Aber das Alarmsignal müsste bei Ihnen zu blinken beginnen, wenn sich ein Finanzminister hier herstellt und nicht mehr antwortet, obwohl er gestern noch klare Antworten gegeben hat, wenn ein Finanzminister hier nicht erklärt, was zu erklären wäre, nämlich ob diese Gelder ohne Steuern von dem Verein vereinnahmt wurden oder ob Steuern bezahlt wurden, weil er ja die Antwort, die heute in der APA beziehungsweise im „Mittagsjournal“ gegeben wurde, schon weiß – es wur­den keine Steuern bezahlt –, wenn das alles passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Und ich sage Ihnen noch einmal, weil Sie es nicht glauben wollen: Der Finanzminister hat zugegeben, dass er beziehungsweise seine Sekretäre die Industriellenvereinigung um Geld angehaut haben. Ja, Sie wollten Gelder der Industriellenvereinigung! Das hat er zugegeben!

Der Finanzminister hat zugegeben, dass die Industriellenvereinigung diese Gelder zur Verfügung gestellt hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Das hört man schon zum zehnten Mal!) Der Finanzminister hat zugegeben, dass der Verein eine Homepage betreibt, die „www.karlheinzgrasser.at“ heißt.

Der Herr Finanzminister hat zugegeben, dass im Vereinsvorstand seine Sekretäre sind. Der Finanzminister hat zugegeben, dass der Verein angeblich gemeinnützig ist, obwohl die Gemeinnützigkeit bei diesem Vereinszweck auszuschließen ist. – Das hat er allerdings nicht zugegeben, den zweiten Halbsatz.

Klar ist mittlerweile: Der Verein hat keine Steuer bezahlt. Klar ist mittlerweile auch – und das halte ich für das eigentlich Problematische, und da würde es sich lohnen, noch einmal ausführlich darauf einzugehen –: Dem Herrn Finanzminister ist es, so hat er es gestern zugegeben, kein Problem, wenn seine Sekretäre die private Arbeit für den Finanzminister, nämlich auf der Homepage, vermengen mit der Arbeit, die sie beruflich für ihn verrichten. Er hat wortwörtlich gesagt:

„Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass es die Aufgabe meiner Mitarbeiter ist, wie in jedem anderen Kabinett auch, politische Arbeit zu leisten. Es stellt sich damit die Frage: Wo ist der Unterschied, ob einer meiner Mitarbeiter einen politischen Beitrag für eine Zeitung schreibt oder dies in einem neuen, modernen Medium wie dem Internet tut?“

 


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