Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 210

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19.50

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir werden heute der vorliegenden Geset­zesänderung zum Kraftfahrliniengesetz unsere Zustimmung erteilen. Sie regelt die verfahrensfreie Übertragung von Konzessionen auf Nachfolgeunternehmen bei einer Umgründung. In den Grundzügen ist diese Änderung zu begrüßen, aber ich möchte hier trotzdem Bedenken anmelden, weil diese Novelle weitreichende Folgen und einen ganz aktuellen tagespolitischen Bezug hat, nämlich die Zukunft des Unternehmens Postbus AG.

Die Übertragung der Postbusse vom bisherigen Eigentümer ÖIAG an die ÖBB wurde bereits im Vorjahr fixiert. Der Zusammenschluss dieser beiden Buslinien zu einer gesamten Aktiengesellschaft, nämlich der Bahnbus AG, hat durchaus positive Aspekte. Zum einen hat das Großunternehmen Bahnbus AG laut vorliegendem Rechtsgutachten in Österreich keine marktbeherrschende Stellung, was bedeutet, dass keine unmit­telbare Konkurrenz zu anderen, privaten Linienbetreibern besteht und auch deren Exis­tenz gesichert bleibt.

Zum anderen bedeutet es die Chance, in diesem speziellen Fall neue wirtschafts­politi­sche Wege gehen zu können, nämlich die Chance, die Bahnbus AG als gesamte Ak­tiengesellschaft zu einem innovativen und lukrativen Betrieb wachsen zu lassen. Gehen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, doch einmal diesen umgekehrten Weg, und machen Sie aus dem geplanten Großunternehmen ein Vorzeigeunternehmen (Abg. Wittauer: Sind wir dabei!), das wirtschaftlich so stark sein wird, um Anbieter auf dem europäischen Markt sein zu können!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Regierungsbeschluss zur Teilprivatisie­rung zeigt jedoch wieder einmal das Gegenteil, nämlich dass Sie auch hier wieder Ihren gewohnten Weg gehen wollen: den Weg, einen weiteren staatlichen Betrieb zu file­tieren und zu privatisieren. 30 Prozent der Postbus AG sollen einem privaten Anbieter geopfert werden. (Abg. Wittauer: Das verlangt die Kartellbehörde!) Natürlich werden dies die lukrativsten 30 Prozent des Unternehmens sein, nämlich jene Linien, die satte Gewinne erzielen und wirtschaftlich lukrativ arbeiten. (Abg. Wittauer: Die Kar­tellbehörde verlangt das ja! Das ist ja die Voraussetzung für die Zusammenführung, Frau Abgeordnete!)

Was passiert aber mit jenen Linien, die eine geringere Auslastung aufweisen, mit jenen Linien, die weniger Umsätze erzielen? Was wird mit jenen 700 Gemeinden geschehen, die als einziges öffentliches Verkehrsmittel nur noch den Postbus haben? – Auch das muss alles angedacht werden bei einer Zustimmung zur Teilprivatisierung. – Dort wird der Sparstift neuerlich angesetzt werden und Kurse als letzte Konsequenz ganz einfach eingestellt werden – das ist die Realität! (Abg. Wittauer: Dann brauch’ ich es eh nicht zu privatisieren! Doppelgleisigkeiten werden da beseitigt!)

Betroffen sind wieder einmal die Menschen in diesen Regionen. Seit Jahren wird den ländlichen Regionen alles an Infrastruktur genommen, was sie haben: Postämter, Gen­darmerieposten (Abg. Wittauer: Da müssen Sie schon mit dem Innenminister reden, nicht mit dem Verkehrsminister!), Bezirksgerichte wurden in den letzten drei Jahren ohne Ende zugesperrt, meine Herren – die Tatsachen sprechen für sich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Welche Bezirksgerichte wurden zugesperrt? Sagen Sie mir fünf!) Wol­len Sie diesen Menschen jetzt auch noch die Mobilität nehmen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sollen mir fünf sagen! Fünf!)

Wie die letzte Volkszählung zeigt, wird durch Ihre Politik eine Abwanderung aus dem ländlichen Raum nicht mehr aufzuhalten sein. In meinem Bezirk wird ein einziges Be-


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