Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 145

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16.50

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Finanzminister Grasser und andere Regierungsmitglieder ha­ben einen Verfassungsbruch begangen, wie wir heute schon ein paar Mal gehört ha­ben. Was passiert normalerweise mit Regierungsmitgliedern auf der ganzen Welt, die die Verfassung brechen? – Es werden Konsequenzen gezogen bis hin zum Rücktritt. Was passiert aber in Österreich? Wie reagiert diese Regierung? – Man zieht sich auf ein Delikt zurück und nennt es Formalfehler. Es gibt ein paar wehleidige Rund­um­schläge, es wird von Menschenhatz gesprochen, aber in Wirklichkeit ist es nur ein „Formalfehler“.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, was Sie hier machen, ist Verharmlosung. Ich frage mich nur: Was sind Sie für ein Vorbild für die Bevölkerung? Nämlich gar keines!

Was mich jedoch ganz besonders ärgert, ist der Umgang mit der Aufgabe des parla­mentarischen Unvereinbarkeitsausschusses beziehungsweise diese Missachtung der parlamentarischen Arbeit an sich. Der springende Punkt ist nämlich meiner Meinung nach der, ob Sie es selber entscheiden, also die Mitglieder dieser Regierung, ob etwas mit einem Minister-, Ministerinnenamt, Staatssekretär-, Staatssekretärinnenamt verein­bar ist oder ob das Aufgabe des Unvereinbarkeitsausschusses ist, das zu entscheiden. Ich denke, es ist Aufgabe des Ausschusses, das zu entscheiden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Um jedoch diese Entscheidung treffen zu können, muss zunächst einmal alles ge­meldet werden. Und diese Ausrede, die wir jetzt immer wieder hören und auch heute wieder von Herrn Minister Grasser gehört haben, dass ohnehin alles in Ordnung wäre, weil doch durch die Nachmeldungen ersichtlich würde, dass keine Unvereinbarkeit vorliegt, gilt einfach nicht. Es wäre nämlich genau dasselbe, wenn ein Autofahrer, wenn er in eine Verkehrskontrolle gerät, auf die Frage, ob er etwas getrunken hat, mit Nein antwortet, obwohl das gar nicht stimmt, weil er ohnehin der Meinung ist, keine 0,5 Promille erreicht zu haben.

Ich sehe in diesem Fall eine Drei-Stufen-Verfehlung Minister Grassers, und zwar nur in diesem Fall, denn es gibt ja mehrere Fälle, wie wir heute bereits mehrfach gehört haben.

Erste Verfehlung: die Nichtmeldung der Aktien unmittelbar nach Amtsantritt nach der letzten Nationalratswahl. Aber vielleicht gehörten Sie ja auch zu den Vertretern und Vertreterinnen der Regierung, die der Meinung waren, dass der Fragebogen, den sie erhalten haben, zu kompliziert wäre. Ich möchte Ihnen die einschlägige Frage dazu vorlesen. Hier steht: „Steht ein Unternehmen in Ihrem Eigentum, oder sind Sie Eigen­tümer von Anteilsrechten an einer Gesellschaft oder sonstiger Anteilsrechte an einem Unternehmen?“ Und dann gilt es nur, Ja oder Nein anzukreuzen. Ich frage mich wirk­lich, was daran kompliziert ist.

Frau Ministerin Rauch-Kallat hat ja relativ blauäugig zugegeben, dass sie nicht wusste, dass es sich bei Anteilsrechten unter anderem um Aktien handelt. Ich frage mich allerdings, wenn sie das nicht weiß, ob Frau Ministerin Rauch-Kallat wusste, als sie dem Verkauf der Voest zugestimmt hat, was sie da verkauft hat. Wusste sie und wussten auch die anderen Regierungsmitglieder, was ihr Regierungsbeschluss zu diesem Thema aussagte?

Zweite Verfehlung: das Abschieben der Schuld auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Finanzministerium – heute wieder gehört – und auch auf die Berater. Ich denke: Warum so viel Geld für Beratungen ausgeben, wenn die Beratung dann ohnehin falsch ist? Gänzlich abzulehnen ist aber, dass Sie Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die


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