Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 40

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Prüfung des einzelnen Schicksals gibt, denn kein Schicksal ist wie das andere! Es kann sein, dass – um aktuelle Beispiele aus dem österreichischen Flüchtlingswesen anzuführen – jemand, der aus Tschetschenien nach Österreich geflüchtet ist, hier trotz­dem kein Asyl zuerkannt bekommt, weil sich in diesem Verfahren zeigt, dass die Fluchtgründe nicht vorliegen; gleiches kann jemandem aus Afghanistan oder auch ver­folgten Kurden, die in Österreich oft noch Schutz vor Verfolgung bekommen, ge­schehen.

Das UNHCR – der Vertreter des UNHCR Dr. Köfner hat hier in Wien im parlamen­tarischen Hearing im Innenausschuss, bei dem von der Opposition veranstalteten Ex­pertenhearing zum Bundesbetreuungsgesetz und in zahlreichen weiteren Veranstaltun­gen öffentlich dazu Stellung genommen –, die Weltzentrale des Flüchtlingshochkom­missariats, hat Österreich dringend gebeten, hat einen wirklich eindringlichen Appell insbesondere an Innenminister Strasser gerichtet, von diesen geplanten Regelungen Abstand zu nehmen! Wir als Opposition, die Grünen, aber auch die Sozialdemokraten, wir haben diese Argumente, die vorgebracht wurden, ernst genommen und sie auch in der parlamentarischen Behandlung immer wieder wiederholt.

Es ist daher nicht möglich, einfach zu sagen: Jetzt beschließen wir ein neues Asylge­setz! – Österreich hatte in den letzten Jahrzehnten den Ruf eines Land, das Flüchtlinge aufnimmt, das ist Tradition Österreichs in der Zweiten Republik! Eckpunkte wie Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, Polen Anfang der achtziger Jahre, und vor allem die Dekade der neunziger Jahre mit den vier Balkankriegen haben Österreich, also die österreichische Bevölkerung und die österreichischen Behörden, vor die wirklich große Herausforderung gestellt, mit dem Problem der Asylgewährung und der vielen Flücht­linge zurechtzukommen. Jetzt, da es in unserer unmittelbaren Umgebung – und die soeben genannten Länder sind alle Nachbarländer Österreichs! – Gott sei Dank keine kriegerischen Auseinandersetzungen gibt, keine Krisen, die derart heftig sind, genau in diesem Moment schränkt Österreich das Asylrecht massiv ein.

Wir laufen – und damit wiederhole ich auch die Kritik der nationalen und internationalen Experten – dadurch Gefahr, wieder einmal in einer Materie europäisches Schlusslicht zu werden (Abg. Scheibner: Bei der Aufnahme sind wir aber immer noch Spitze!), in diesem Fall was den Schutz von Flüchtlingen, was die Aufnahme von Flüchtlingen und was die Betreuung von Flüchtlingen angeht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Scheibner: ... Missbrauch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der nun schon seit Monaten laufenden Diskussion gab es in einem Punkt eine Übereinstimmung aller vier Parlamentsfraktio­nen untereinander sowie mit dem Herrn Innenminister, nämlich über die Tatsache, dass die Dauer der österreichischen Asylverfahren so lang ist, dass es an Rechtsver­weigerung stößt, was Flüchtlingen in ihrem Begehr, Asyl in Österreich zu erhalten, widerfährt. Es ist fast Asylverweigerung, wenn jemand über Jahre darauf warten muss, dass sein Verfahren endlich definitiv abgeschlossen ist. (Abg. Mag. Mainoni: Dafür wird das Gesetz ja geschaffen!) Daher gab es Übereinstimmung darüber, dass etwas zu geschehen habe, dass die Asylverfahren in Österreich beschleunigt werden müssten.

Herr Minister! Sie haben wie wir alle die Vorschläge, die das UNHCR im Jänner oder Februar dieses Jahres zumindest unserer Fraktion – und wie ich weiß auch Ihnen – übermittelt hat, erhalten. Dieses Konzept für Reformen im österreichischen Asylsystem enthält vor allem zwei Punkte: deutlich mehr Personal und Ressourcen im Verfahren zur Verfügung zu stellen und als zweiten Punkt auch Nachjustierungen im Asylgesetz.

Sie haben es erhalten, wir haben es erhalten. Sie haben es eiskalt ignoriert! (Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht!) Sie haben das gemacht, was Ihre Zeit als Innenminister


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