Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 168

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Frau Abgeordnete Stoisits, ich bin einer derjenigen hier im Haus, der die Volksanwalt­schaft von beiden Seiten her kennt: auf der einen Seite als einer der Adressaten des Berichts und auf der anderen Seite als Minister, als einer, der geprüft wird. Ich wurde durch Herrn Volksanwalt Stadler geprüft, und ich kann ihm wirklich nur die allergrößte Objektivität attestieren. Obwohl bekannt ist, dass wir derselben Partei angehören, hat es überhaupt keine Bevorzugung gegeben. Ich hatte manchmal sogar eher den Ein­druck, dass das Gegenteil der Fall ist.

Hier gab es wirklich eine sehr sachliche Auseinandersetzung, durchaus auch oft unter­schiedliche Meinungen bei den einzelnen Themen, aber sicherlich keinerlei Verdacht auf mangelnde Objektivität.

Natürlich sind alle drei Volksanwälte politische Menschen. Das ist keine Frage. Sie haben auch eine politische Vergangenheit in diesem Hause – Gott sei Dank, denn ich glaube, auch das ist sehr sinnvoll –, und jeder hat seinen persönlichen Zugang. Aber ich denke, das ist selbstverständlich, und es liegt dann auch an uns, die Berichte zu bewerten. Aber ich meine, dass keiner der drei in den Verdacht gerät, subjektiv oder politisch zu interpretieren oder zu werten.

Was allerdings interessant wäre – und das sollte man überlegen und diskutieren –, ist, dass man so ähnlich wie bei den Rechnungshofberichten doch auch den geprüften Ministerien die Möglichkeit geben sollte, die eigene Sicht der Dinge in einer Art Stel­lungnahme oder Replik in den Bericht einzuarbeiten.

Ich halte es auch für durchaus sinnvoll, dass die Volksanwaltschaft bei manchen Themen sehr beharrlich ist, auch wenn sich diese Frage durch viele Berichte zieht. Daran sieht man oft auch, dass es gar nicht so einfach ist, selbst wenn alle der Mei­nung sind, dass die Kritik der Volksanwaltschaft richtig ist, das dann auch zu beheben.

Ein Beispiel nur aus meinem ehemaligen Ressort, und das steht ja auch im Bericht wieder drinnen: die Frage der Tauglichkeitskriterien. Ich persönlich war immer der Meinung, dass es eine Ungerechtigkeit darstellt, dass jemand, der minder tauglich oder untauglich ist für den Wehrdienst, dann auch untauglich für den Wehrersatzdienst, den Zivildienst ist. Aber hier gibt es eben eine Kette von rechtlichen Fragen, die zu beant­worten sind – zum Teil oberstgerichtliche Entscheidungen, zum Teil Dinge, die die Menschenrechtssituation tangieren, dass eben jemand nur dann zivildienstpflichtig ist, wenn er auch wehrpflichtig ist, und dass an die Wehrpflicht ein Mindestmaß an militäri­scher Ausbildung angeschlossen ist.

Zum Teil legen auch diejenigen, die hier entscheidungsbefugt sind, das sehr restriktiv aus, und niemand sagt: Ich möchte die Verantwortung übernehmen!, denn wenn dem Betreffenden etwas im Rahmen seiner Mindest-Militärausbildung passiert, tauchen dann Haftungsfragen auf, die eben entsprechend zu beantworten sind.

Also hier gibt es Dinge, bezüglich derer wir eigentlich alle der Meinung sind, dass sie zu regeln sind und das Begehren der Volksanwaltschaft zu Recht besteht, aber es wird wahrscheinlich, wenn überhaupt, nur sehr schwer und durch langjährige Arbeiten des Gesetzgebers, des Verfassungsgesetzgebers und vielleicht sogar auch auf der inter­nationalen Ebene zu erreichen sein, dass dieses Anliegen auch wirklich zum Durch­bruch kommt. – Aber es ist gut, dass man immer wieder daran erinnert wird, dass ein berechtigtes Anliegen nach wie vor offen ist.

Noch einmal zum Schluss meinen herzlichen Dank für die Arbeit der Volksanwalt­schaft! Als Parlamentarier für uns wichtig ist, dass es eine zusätzliche Instanz der Kontrolle der Vollziehung gibt; und selbstverständlich für die vielen Hunderten und Tausenden Beschwerdeführer: dass sie wissen, dass sie auch außerhalb des norma­len Instanzenzuges, außerhalb der rechtsstaatlichen Instanzen noch eine wirklich


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