Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 178

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tische Version sein wird. Darüber haben wir einige Debatten im Ausschuss geführt, und es wurden im RIS – das hat meine Vorrednerin ebenfalls schon gesagt – auch zahl­reiche Verbesserungen vorgenommen.

Die Frage der authentischen Version führt mich zu einer Betrachtung, die hier im Hohen Haus vor einigen Monaten eine Rolle gespielt hat, nämlich zur Frage der Authentizität im Zusammenhang mit dem Budgetbegleitgesetz 2003. Hier haben Sie ja ein Sammelgesetz unter Verletzung des demokratischen und des rechtsstaatlichen Prinzips und der Vorschriften der Geschäftsordnung des Nationalrates beschlossen. Sie haben mit einem einzigen Sammelgesetz 84 bestehende Bundesgesetze erlassen, sodass der reine Gesetzestext dieses Budgetbegleitgesetzes insgesamt fast 780 Sei­ten umfasst – das wissen Sie ja.

Sie haben dieses Gesetz unter Nichtauflage des Ausschussberichtes gemäß § 44 GOG geschäftsordnungswidrig und damit verfassungswidrig am 11. Juni 2003 in der 20. Sitzung des Nationalrates beschlossen. – Weshalb sage ich das? Weil nämlich gemäß § 44 Abs. 1 GOG die Verhandlung eines von einem Ausschuss vorzuberaten­den Gegenstandes im Nationalrat nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach erfolgter Ver­teilung des Ausschussberichtes stattfinden darf. Sie haben diese 24-stündige Auflage­frist umgangen und die Vorlage über das Internet zugestellt, weshalb etliche Abge­ordnete nicht in der Lage waren, diese riesigen Datenmengen, die da versandt wurden, rechtzeitig zu erhalten.

Sie haben damit nicht nur den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt, sondern auch das Recht der Abgeordneten auf Information über die Verhandlungsgegenstände, weil nach der Geschäftsordnung die Verteilung eines schriftlichen Ausschussberichtes, so wie er von der Parlamentsdirektion angefertigt wird, zwingend vorgesehen ist. Nur die­ser ist authentisch. Es stellt sich daher die Frage der Authentizität, Herr Staatssekretär, denn das vorliegende Kundmachungsreformgesetz steht im Widerspruch zum Ge­schäftsordnungsgesetz. Im Geschäftsordnungsgesetz steht, dass nur die schriftliche Form die authentische ist und Gegenstand der Verhandlungen sowie der Abstimmun­gen sein kann sowie dass eine Publikation im Internet kein Ersatz für die schriftliche Verteilung dieses Berichtes sein kann.

Da Sie den erwähnten Ausschussbericht im Juni den Abgeordneten nur zwei Stunden vor der Sitzung zugestellt haben, wurde das gesamte Budgetbegleitgesetz 2003 ge­schäftsordnungswidrig und damit verfassungswidrig beschlossen, was den Verfas­sungsgerichtshof zwingen wird, dieses Monstrum von Gesetz demnächst aufzuheben – mit Konsequenzen, die noch nicht ganz absehbar sind. Sie haben nämlich nicht nur die Pensionsreform, die Verwaltungsreform, die Änderungen im Gesundheitsbereich, die ÖBB-Reform und die Abfangjäger in dieses Gesetz hineinverpackt, sondern damit auch die Menschen in ihren Rechten gravierend beschränkt, etwa bei den Pensionen. Sie haben den Durchrechnungszeitraum erhöht, Sie haben die Frühpension abge­schafft, Sie haben Abschläge eingeführt, Steigerungsbeträge und so weiter – entgegen allen Versprechungen des Herrn Bundeskanzlers aus dem Jahre 1997, wonach es eine solche Pensionsreform nicht mehr geben und der Durchrechnungszeitraum bis zum Jahr 2020 unverändert bleibe werde. All das hat er damals versprochen! Und es ist nichts daraus geworden.

Das Kundmachungsreformgesetz kommt jetzt zu spät für Sie, weil, wie gesagt, das Budgetbegleitgesetz auf verfassungswidrige Art beschlossen wurde (Abg. Murauer: Was schlagen denn Sie vor zur Pensionssicherung?), was ja auch zur bekannten Reaktion des Herrn Bundespräsidenten geführt hat – mit der sanften Drohung, notfalls die Regierung entlassen zu können, und all den anderen Skurrilitäten, die es in diesem Zusammenhang gegeben hat.

 


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