Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 198

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Land – diesmal ist es Vorarlberg – über Kompetenzhürden hinweg eine Willenserklä­rung abgeben, in der sie sich zur Sicherung der PatientInnenrechte bekennen. – Ja, Herr Kollege Scheuch, wenn ich PatientInnen sage, sind natürlich die Patienten mitge­meint.

Das Recht auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung des Einzelnen korrespon­diert mit der Pflicht der staatlichen Gemeinschaft, eine solche auch zur Verfügung zu stellen, und zwar für alle – und nicht nur für jene, die es sich leisten können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Kranke Menschen mit generellen Selbstbehalten, Gebühren und so weiter zu belasten, verletzt diese Pflicht – und ist daher kategorisch abzulehnen! Das heißt, mit jeder Maßnahme in diese Richtung entfernt sich diese schwarz-blaue Bundesregierung von der Willenserklärung, die sie hier und heute abgibt. Ein Trost ist allerdings, dass dank einer funktionierenden Rechtssprechung ein Großteil dieser Maßnahmen – wie man ja beispielsweise anhand der Unfallrentenbesteuerung oder auch der Ambulanzgebühren gesehen hat – nicht von langer Dauer ist.

Das beweist aber auch, sehr geehrte Frau Ministerin, eine andere Tatsache: dass diese Bundesregierung offensichtlich schneller handelt, als sie zu denken in der Lage ist. Und das ist besonders bedenklich, vor allem, wenn es sich um das höchste und sensibelste Gut, das wir haben, handelt, nämlich um die Gesundheit. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Eine optimale Gesundheitsversorgung ist ein öffentliches Anliegen – und keine Privat­sache, wie sich das offensichtlich manche von Ihnen vorstellen. In einem funktionieren­den Gesundheitssystem muss der faire und gleiche Zugang zu Präventionsmaßnah­men, zur Basisversorgung und zur Spitzenmedizin, und zwar unabhängig von Einkom­men und Alter, gewahrt bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Punkt ist mir in der Patientencharta noch aufgefallen, der es auch verdient, näher erörtert zu werden, nämlich die Frage der Haftung für Behandlungsschäden. Das sind mitunter die kompliziertesten Fälle, mit denen man in der Praxis konfrontiert ist, weil es auf Grund der Komplexität physischer Vorgänge oft geradezu unmöglich ist, den Beweis zu erbringen, dass ein Verhalten ursächlich für einen Gesundheitsschaden war. Der Kausalitätsbeweis ist gerade bei Medizin-Haftungsfällen überhaupt der am schwersten zu führende Beweis und kann meist nur, wenn überhaupt, mit einem Riesen-Aufgebot an medizinischen Sachverstän­digen gelöst werden. Und dann schließt sich erst der Verschuldensbeweis an, der auch nicht viel einfacher zu führen ist.

Umso wichtiger ist es daher, dass es außergerichtliche Möglichkeiten gibt, dass ge­schädigte Patientinnen und Patienten rasch und unbürokratisch Schadenersatz bekom­men. Zwar sind in den vergangenen Jahren bei Ärztekammern und PatientInnenan­waltschaften Schlichtungsstellen eingerichtet worden, allerdings bewegen sich diese weitgehend im rechtsfreien Raum, weil es nur sehr vage verfahrensrechtliche Vor­schriften gibt. Die Gefahr, dass sich Geschädigte unter den tatsächlich zustehenden Entschädigungssummen abspeisen lassen, weil sie die Kosten und Risken eines Rechtsweges fürchten, ist sicherlich gegeben.

Um bei den bereits angesprochenen Schwierigkeiten im Falle von Behandlungsschä­den zu seinem Recht zu kommen, sollten wir uns auch in Österreich verstärkt Gedan­ken über eine umfassende Neuregelung der Medizinhaftung machen. Geschädigten und potenziell Haftpflichtigen wäre sicherlich mit einer stärkeren Betonung des Ver­sicherungsprinzips am meisten gedient, wie es ja auch Teil der SPÖ-Gesundheitsinitia­tive ist, die Kollege Lackner unlängst vorgestellt hat. Das würde auch die Patienten-


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