Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 55

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Zustand der Europäischen Union; und da sollten wir uns nichts vormachen, auch die neuen Beitrittsländer nicht. Welcome to the club! Aber wir wollen es realistisch ein­schätzen, welchem Klub sie hier beitreten. Wir freuen uns über sie, und ich denke, ganz Europa wird davon nur profitieren. Aber dass dieses Haus nicht in Ordnung ist, darauf möchte ich auch zu sprechen kommen.

Die Grünen waren von Anfang an glühende Befürworter der Erweiterung der Union, und ich glaube, wir waren auch mit die Ersten ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Na sicher! (Ruf bei der ÖVP: Ein kurzes Gedächtnis! – Bun­des­kanzler Dr. Schüssel: Sie haben ja dagegengestimmt! – Staatssekretär Mag. Schweit­zer: Petrovic, Voggenhuber!) Entschuldigung, ich spreche von der Erweiterung der Eu­ro­päischen Union! Ich spreche nicht vom Jahr 1994 – im Übrigen ein Jahr, in dem ich noch nicht im Parlament war. In der Beziehung haben die Grünen sehr rasch gelernt.

Ich werde jetzt nicht im Detail alles wiederholen, was mit dem richtigen Pathos schon gesagt worden ist und sicherlich noch gesagt werden wird. Die friedenspolitische Be­deutung dieses Projekts: Ja, es wird kein Prag 1968 mehr geben, es wird kein Bu­dapest 1956 mehr geben, es wird kein Estland, Lettland, Litauen 1940 mehr geben. Dazu ist die Erweiterung der Europäischen Union auch ein Beitrag.

Noch ist die Sache nicht ausgestanden. Noch sind Mazedonien, Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Albanien nicht Mitglied der Europäischen Union, und hier, glau­be ich, werden wir den Schwerpunkt zu setzen haben in der Außenpolitik, in der Unter­stützung, auch nicht zuletzt der finanziellen Unterstützung in den nächsten Jah­ren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich freue mich natürlich, dass mit der Erweiterung der Union dieser Bereich der so ge­nannten europäischen Werte verbreitert wird, wenn wir darunter verstehen wollen den Rechtsstaat, the rule of law, die Betonung von Bürgerrechten, Menschenrechten, Min­derheitenrechten aller Art, nicht zuletzt auch die Durchsetzung von höheren Um­welt­standards, als es bisher gegeben hat. Alles das sind wichtige Punkte, auch wenn jetzt nicht in jedem einzelnen Fall ein jedes Mitglied der EU-15 leuchtendes Vorbild war oder ist. Ich erinnere zum Beispiel an die Medienfreiheit in Italien.

Ich denke auch, es ist unsere Aufgabe, als Politiker daran zu erinnern, dass Österreich immer ein Abwanderungs-, ein Zuwanderungsland war, je nach historischer Situation. Österreich war ein Nettoauswanderungsland bis in die sechziger Jahre hinein, und Öster­reich ist ein Nettozuwanderungsland spätestens seit den siebziger Jahren, und das wird auch so bleiben, verehrte Kollegen von der FPÖ. Das wird so bleiben; das liegt schon im österreichischen Interesse, dass es so bleibt.

Wir werden nicht das Problem haben, „überfremdet“ zu werden, um in Ihrer Ter­mi­nologie zu sprechen. Ganz im Gegenteil: Wir werden in zehn Jahren das Problem ha­ben, dass wir zu wenig Zuwanderinnen und Zuwanderer für die Befriedigung unserer wirtschaftlichen Bedürfnisse bekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Hinweis: Österreich ist wirtschaftlicher Gewinner dieser Erweiterung, Öster­reich war wirtschaftlicher Gewinner des Falles des Eisernen Vorhanges 1989, und Österreich wird auch Profiteur dieser Erweiterung der Union sein. Aber wenn es nicht so wäre, wenn wir nicht so begünstigt wären von dieser geographischen Lage, von die­sem Schicksal, wenn man so will, dann wären wir wohl auch für die Erweiterung der Europäischen Union.

Ich hoffe nach wie vor, auch wenn Kollege Scheibner mich vorhin eines anderen be­lehrt hat, ich würde bis zur letzten Sekunde hoffen und erwarten, aber zumindest hof­fen, dass es heute eine einstimmige Entscheidung in der Frage der Erweiterung gibt. (Abg. Scheibner: Das wäre ein falsches Signal!) Ich verstehe nicht, warum zwei


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