Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 59

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zumal dies ja auch ein Symbol dafür ist, dass die Europäische Union beides kann: sowohl die Vertiefung der Union vorantreiben als auch die Erweiterung.

Bedenken Sie, dass wir jetzt gleichzeitig – es ist ein Zufall, aber nichts ist wiederum so zufällig – die Vertiefung in einer europäischen Verfassung diskutieren, gleichzeitig die sehr erfolgreiche Euro-Einführung vor wenigen Jahren zu verzeichnen hatten. Herr Pro­fessor Van der Bellen, Sie als Ökonom müssten doch wissen, dass dafür ein Stabi­litätspakt – ein glaubwürdiger Stabilitätspakt, einer mit Zähnen – eine absolute Vor­aus­setzung war und ist und bleibt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben damals unter Schmerzen unseren Schilling aufgegeben und die Deutschen die D-Mark – stabile Währungen. Und wir haben damals versprochen, dass wir eben nicht die Zügel schleifen lassen, dass wir die unterschiedlichen Konjunkturzyklen, die es gab und gibt, vereinen und ein gemeinsames Regelwerk entwickeln wollen. Dieses kann man verbessern – keine Frage –, aber es gibt keinen ernst zu nehmenden Öko­nomen, der sagt – und das gilt ja auch für die Neuen, die hereinkommen werden, die brau­chen ja auch Spielregeln –, eine gemeinsame Währungsunion brauche nicht glaubhafte Spielregeln.

Daher: Für diese neuen, verbesserten Spielregeln werden wir kämpfen – aber dass es keine geben soll, dafür stehe ich nicht zur Verfügung, Herr Professor! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ja, meine Damen und Herren, wir sind dieses neue Europa und wir bekennen uns zu diesem neuen Europa! Wir sind froh, dass es gelingt, und wir wissen natürlich auch, dass manche Probleme damit verbunden sind. Wir investieren ja auch in die Lösung dieser Probleme – das sind sozusagen unsere Hausaufgaben –, zum Beispiel in die Infra­struktur. Darüber wird Hubert Gorbach viel kompetenter und profunder als ich Auskunft geben können, etwa darüber, wie viele Milliarden seit unserem eigenen Beitritt in diese Infrastruktur hineingeflossen sind. Und das ist auch sinnvoll, denn wir wollen ja die Standortvorteile, jetzt, da wir neu im Herzen Europas sind, auch wirklich nützen!

Das Zweite ist: Wir bekennen uns natürlich auch dazu, dass wir in die Regionalpolitik, in die Grenzregionen etwas investieren müssen, in die Kriminalitätsbekämpfung, in die gemeinsame Sicherheit, die uns allen am Herzen liegt, in bessere Umweltstandards, in die soziale Kohäsion, in den Zusammenhalt in diesem neuen Europa. Das wird nicht so einfach sein, denn die Unterschiede werden ja durch die Erweiterung zunächst größer, als sie heute in manchen Bereichen sind.

Ich glaube daher, dass diese Europäische Union und diese europäische Idee leben. Ich bin aber der Letzte, der nicht auch, so wie Herbert Scheibner und auch Willi Mol­terer, dafür eintritt, dass wir aussprechen, dass manche Probleme noch nicht gelöst sind. Ja, wir hätten uns erwartet, auch im Sinne der guten Nachbarschaft unter wesent­lich verbesserten bilateralen Beziehungen, dass vielleicht manche Gesten, manche noch offenen bilateralen Fragen rechtzeitig – vielleicht auch vor diesem Parlaments­beschluss – in einem guten europäischen Geist gelöst werden, denn für mich ist eines schon klar: Diese Europäische Union ist ja eigentlich nicht aus wirtschaftlichen Über­legungen entstanden, sondern vor allem deswegen, weil die Menschen in Europa die ständigen Kriege und Kämpfe, den Hass, den Nationalismus satt hatten. Und alles das, was an Leid angerichtet wurde, der Terror gegen Juden, gegen Andersdenkende, ge­gen Roma, Sinti, gegen Gläubige in verschiedensten Bereichen, alles das, was an­gerichtet wurde vom Kommunismus, wurde ja bewusst überhöht und auf eine ganz neue europäische Ebene gehoben durch die Europäische Union. Und deswegen ist es auch für mich als einen überzeugten Europäer wichtig, dass diese Union nicht vergisst, dass Menschenrechte unteilbar sind, dass man nicht einfach die Geschichte


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