Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 60

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verschweigen darf – auch nicht die Geschichte, die vielleicht manchen unangenehm ist und manche nationale brennende Fragen aufwirft. Ich glaube, dass wir das tun müs­sen, im Interesse dieser Werte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich halte es auch mit Winston Churchill, der gesagt hat: „Wenn die Gegenwart über die Vergangenheit zu Gericht zu sitzen versucht, wird sie die Zukunft verlieren.“

Und deswegen – nicht aus Selbstgerechtigkeit, sondern in einem neuen nachbar­schaftlichen Geist, in einem guten europäischen Geist – wollen wir auch mitwirken da­ran, dass diese offenen bilateralen Fragen gelöst werden. Und ich weiß, dass in Prag oder in anderen Ländern die Politiker – mein Visavis, ein Vladimír Špidla, oder ein Cyril Svoboda oder andere – ganz genauso denken, dass sie aber auch wiederum Schatten und Schwierigkeiten und Barrieren in ihren eigenen Reihen zu überwinden haben; und wir sollten gemeinsam Gesten setzen, die das überwinden helfen, und nicht diese Bar­rieren vertiefen. Das ist der entscheidende Punkt.

Deswegen, so glaube ich, ist der heutige Beschluss mit überwältigender Mehrheit, der zu erwartende Beschluss des Nationalrates ein gutes Symbol in diese Richtung.

Erlauben Sie, dass ich hier noch einen Punkt anspreche: Heinz Fischer hat auf die Sicherheitsfragen hingewiesen, auch Abgeordnete Glawischnig, und es ist mir wichtig, dass man da ein paar Dinge ausräumt. Ich bin nicht dafür, dass man hier mit dem Bi­händer aufeinander eindrischt und schon wieder Scheindiskussionen aufzüchtet. Das ist nicht notwendig! Das soll eine gute, sachliche Diskussion sein. Und, ehrlich gesagt, ich kann nicht wirklich erkennen, worin der ganz große qualitative Unterschied besteht zwischen dem Vorschlag, den Frattini in der Regierungskonferenz vorgelegt hat, und dem, was etwa Abgeordneter Einem gestern in einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Ich lese es vor:

„Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates leis­ten die anderen Mitgliedstaaten gemäß ... Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende ... Hilfe und Unterstützung.“ – Das ist der erste Text von den Italie­nern.

Der zweite Text, den Caspar Einem vorgeschlagen hat:

Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen wird ..., so wird die Union „zunächst über Ersuchen des ... Mitgliedstaates alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel anwenden, um die Aggression abzuwehren. Über Ersuchen der Union werden die Mitgliedstaaten die getroffenen Maßnahmen im Rahmen ihrer ... Möglichkeiten so lange unterstützen, bis die Aggression abgewehrt ist. Der Sicherheitsrat ... wird sofort“ informiert. – Zitatende.

Ich würde einmal ganz offen sagen: Das sind sehr vernünftige Elemente. Wenn man das zusammenlegen würde, dann traue ich mir zu, wenn man das will, dass man eine gute Lösung zustande bringt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher: Keine Rede davon, dass irgendjemand die Neutralität beerdigen möchte, keine Rede davon, dass das das Ende einer verfassungsrechtlichen Bestimmung bei uns ist, aber die Offenheit, dass wir etwas Gemeinsames in einem guten europäischen Geist entwickeln wollen, so, wie wir die Erweiterung zu einem Erfolg gemacht haben.

Ich möchte an dieser Stelle auch allen sehr herzlich danken, denn daran haben ja viele mitgewirkt, vor allem natürlich unsere Außenministerin, die ja die Gesamtkoordination in diesem Erweiterungsprozess gehabt hat und das mit Klugheit, mit Umsicht und mit großer Zähigkeit und letztlich großem Erfolg zustande gebracht hat. Danke dir und deinem Team (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), denn


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