Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 66

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Es gibt auch die Angst, dass der Wirtschaftsstandort Österreich an Attraktivität verliert. Aber da, denke ich, hat die österreichische Wirtschaft gezeigt, dass sie die richtigen Ant­worten darauf hat. Österreich ist fünftgrößter Investor im Osten. Österreich hat sei­ne Exporte seit 1989 vervierfacht und den Handelsbilanzüberschuss auf 2,2 Milliar­den € gebracht. Das ist die einzige wirkliche Antwort, der Angst zu begegnen, die Antwort kann nur sein, die Chancen zu nützen.

Die Erweiterung ist eine logische Entwicklung in Europa, und sie ist vor allem eine Erweiterung der Chancen und die Chance für die Jugend, die in einem friedlichen Mit- und Nebeneinander wahrscheinlich am einfachsten die großen Herausforderungen der Zukunft bewältigen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

11.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bau­er. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.53

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die histo­rische Bedeutung des heutigen Tages wurde mit Recht mehrfach unterstrichen, kommt es ja heute durch diesen Beschluss und effektiv am 1. Mai nächsten Jahres nicht, wie heute zu Beginn der Debatte gesagt wurde, zu einer Wiedervereinigung Europas, son­dern zum ersten Mal in der Geschichte zu einer Einigung Europas auf demokratischer Basis. Und das ist für mich ein ganz wesentlicher Unterschied. Das, was wir jetzt voll­ziehen, hat es in der Geschichte dieses Kontinents noch nie vorher gegeben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich lege Wert auf den Unterschied, dass das neue Europa ein demokratischer Zusam­menschluss ist und nicht die Zusammenfügung von Territorien, wo sich einzelne Be­völkerungsteile unterdrückt fühlen müssen und auch unterdrückt waren, wo ein Groß­teil der Bürgerinnen und Bürger des alten Europas Untertanen waren und keine demo­kratischen Rechte hatten. Auch wenn es auf der Landkarte ganz hübsch ausgesehen haben mag, das Leben in früheren Teileinigungen Europas war für die Menschen, die dort gelebt haben, bei Weitem nicht das Leben und bot bei Weitem nicht die Chancen, welche die Menschen heute in einem freien, demokratischen und, wie ich hoffe, so­zialen Europa wahrnehmen können.

Das ist der große historische Fortschritt, den es zu begehen gilt, das ist der große Schritt nach vorne, der am 1. Mai nächsten Jahres mit unserer vollen Zustimmung ge­tätigt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Heinz Fischer hat heute ein schönes Wort geprägt. Er hat gesagt, dass mit der Er­weiterung der Europäischen Union ein Weg von der Philosophie des Krieges hin zu einer Architektur des Friedens gegangen wird. Er hat mit Recht unterstrichen, dass das der wesentliche Grund, der wesentliche Ansporn für diese Einigung Europas darstellen wird. Viele der Nachredner haben auch gemeint, mit dieser Vereinigung Europas wer­den wir endgültig friedliche und sichere Verhältnisse schaffen.

Ich glaube, dass wir bei allem Strapazieren des historischen Charakters nicht von einer Endgültigkeit in der Geschichte ausgehen können. Auch wenn in Zukunft die Grenzen des gemeinsamen Europa sicherer sein werden, wird das Leben für manche Men­schen trotzdem unsicherer. Die Geschichte der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass Staaten, auch wenn wir sie für friedlich gehalten haben, im Inneren durch Turbulenzen erneut wieder in alte Zeiten zurückgefallen sind. Wir haben auch in den letzten Jahren erlebt, dass es Ideologien gibt, die wir für längst überwunden gehalten haben, die


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