Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 66

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Die Steuerreform wäre eine große Chance, arbeitsmarktpolitisch etwas zu machen – allein genau die arbeitsmarktrelevanten Dinge passieren nicht! Sie passieren nicht! Das passt zu dem Bild, Herr Finanzminister, das Sie ja im letzten Jahr erfolgreich von sich gezeichnet haben, dass Sie nämlich durchaus verstehen, mit Schmäh und Schwindel zu operieren. So ist es auch hier. Sie sagen, alle werden entlastet. – Das ist einfach falsch! Es sind genau jene – streiten wir uns nicht über Zahlen; aber mindes­tens über zwei Millionen Personen –, die definitorisch von dieser so genannten Reform nicht entlastet werden. (Abg. Mag. Molterer: Weil sie jetzt schon nichts zahlen! Wer nichts zahlt, kann nicht entlastet werden!)

Das ist das Problem, weil nämlich mit diesen Maßnahmen im unteren Bereich auch arbeitsmarktpolitisch etwas passieren könnte. Würden wir jene, die am Erwerbsleben teilnehmen oder teilnehmen wollen, mit dieser so genannten negativen Einkommen­steuer positiv treffen – sprich mit einem positiven Auszahlungsbetrag entsprechend ihrer Teilnahme am Arbeitsmarkt –, dann hätten wir ein Instrument, damit sich gerade im Niedriglohnbereich – darin sind wir uns alle einig, dass wir dort ein Problem haben – Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot leichter treffen könnten. Das Ergebnis wären mehr Arbeitsplätze. Das müssten sogar Sie verstehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Nächster Punkt: Die Körperschaftsteuersenkung, die angesprochen wurde, kann man qualifizieren, wie man will. Es wurde hier schon von mehreren Rednern aus Zeitungen zitiert. Ich greife auf das „WirtschaftsBlatt“ zurück, und dieses titelt: „Steuerreform: Kleine Betriebe sind die großen Verlierer“. – Ich glaube, dass an dem etwas dran ist! (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das große Problem ist, dass dafür nahezu eine Milliarde aus dem Titel „Steuerreform“ in die Hand genommen wird, Ihnen aber dabei nichts anderes einfällt als dieses phan­tasielose Herunterkurbeln des Steuersatzes, obwohl bekannt ist, dass das Steuer­aufkommen in Österreich, was die Körperschaftsteuer betrifft, europaweit zu den nied­rigsten zählt. Das ist ein Hinweis darauf, dass das Steuersystem in Österreich völlig danebenliegt, aber nicht darauf, dass man den Satz senken muss.

Noch einmal: Es schreit nach einer Strukturreform und nicht nach einer unkoordinierten und phantasielosen Senkungspolitik! Diese werden wir alle noch bezahlen müssen, weil das Geld, das Sie da jetzt ausgeben – um nicht zu sagen, verschenken – nicht einmal da ist.

Sie kommen mit den beiden Stufen der Steuerreform auf ein Volumen von gut über 3 Milliarden, wie Sie selbst stolz vermerken, und loben sich dafür. Ich sage: Das ist eine wahlzyklusorientierte Budgetpolitik! Wäre Ihnen an der Beschäftigungspolitik etwas gelegen, dann hätten Sie schon vor zwei Jahren etwas gemacht. Damals hätte man mit einem Betrag im Bereich von 500 Millionen € bis 900 Millionen € – jedenfalls mit einer Summe unter einer Milliarde – sehr viel bewegen können. Die Budgetdisziplin wäre eingehalten worden, und es wäre für den Arbeitsmarkt etwas geschehen.

Aber Sie haben in dieser Phase zusätzlich Wachstum und Beschäftigung gebremst. Das ist ein Beweis dafür, dass Sie in Wahrheit an Wahlzyklen orientiert sind und im großen Stil mit Geld herumwerfen, das nicht da ist. (Abg. Mag. Molterer: Und die EU-Erweiterung findet für Sie nicht statt?! Den Standortwettbewerb kennen Sie nicht?!)

Damit komme ich zur Erklärung unseres Abstimmungsverhaltens. Die SPÖ hat ja auch einen Vorschlag eingebracht – ich gebe zu, einen viel besseren als die ÖVP-FPÖ-Regierung –, wo es ebenfalls um ein Volumen von 3 Milliarden geht. Das ist uns zu viel! Wir müssen unserer Meinung nach andere Stufen vorsehen, und deshalb können wir diesem Antrag der SPÖ nicht näher treten.

 


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