Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 124

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keit meinen wir das Gleiche. Wir meinen die Privatperson rein rechtlich. In Österreich rennen ja sieben Millionen Juristen herum, die sofort begreifen, dass das so gemeint ist. – Das ist die Argumentationslinie, die da entwickelt wird!

Aber es fragt keiner nach der politischen Verantwortlichkeit! Es herrscht auf der Regie­rungsbank ein moralischer Standard, der so tief ist, dass das unfassbar ist.

Natürlich kann man sagen: Mein Vater hat die Aktien einfach so gekauft! Er hat eine Eingebung gehabt! Er ist in der Früh aufgewacht und hat gesagt: Ich muss YLine-Aktien kaufen, ich spüre es, ich habe so Kopfschmerzen! Ich muss sie zuerst kaufen, dann geht es mir besser! Dann wird er nach einer gewissen Zeit wieder eine Ein­gebung gehabt und gesagt haben: Oh Gott, ich habe schon wieder so Kopfschmerzen, ich muss die YLine-Aktien ganz dringend verkaufen!

Auch Sie – genial, völlig ohne Insiderwissen – haben gesagt: Ich muss die Aktien ab­stoßen! (Abg. Ellmauer: Der Fasching ist vorbei!) Jetzt ist Schluss! Mir sagt mein Instinkt – das Finanzministerium, ein unfehlbarer Instinkt! –: Weg mit den Aktien!

Sie sitzen da, stirnrunzelnd, kopfschüttelnd, kaum das glaubend, aber die Parole heißt: Festhalten, festhalten, festhalten! (Abg. Neudeck: Sind Sie noch bei der Konsumge­nossenschaft?) – Sie sollten überhaupt keine Zwischenrufe machen, denn Sie haben den Herrn Grasser in Ihrer Fraktion überhaupt „erfunden“, und dass er hier heute sitzt, ist unter anderem Ihr „Verdienst“. Also halten Sie sich aus dem Ganzen ja heraus! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wir haben das nicht erfunden! Das ist seine Leis­tung!)

Die Frage: Dienstzeit – Freizeit? Es wird in dem Finanzministerium die Homepage be­treut. Drei Personen sitzen dort: Die Privatperson Grasser sitzt in Wahrheit dort, dann sitzt er als Finanzminister dort, dann als unbeteiligter Dritter. Dann gibt es eine Home­page, die ist privat. Dann gibt es eine Homepage, die ist dienstlich. Dann gibt es Leute im Finanzministerium, die an der Homepage arbeiten. Aber in Wahrheit arbeiten sie nicht dort, denn die teilen sich ja, und plötzlich heißt es dann, die eine Stunde ist eine private. Ich meine, das ist ein einziges Sodom und Gomorrha, was sich da auftut! In Anbetracht dessen wollen Sie uns hier hinter formalrechtlichen Argumentationen weis­machen, dass das alles in Ordnung ist! Das hält doch keiner im Kopf aus, was sich da tut!

Dann heißt es: Natürlich kann eine Homepage das 12- bis 24fache kosten. Eine Finanzminister-Homepage ist technisch so kompliziert, die kostet gleich das 24fache! – Herr Finanzminister, wem wollen Sie das erzählen? Alle Institutionen sagen, dass das lächerlich ist.

Der Finanzminister wollte sich einen „Reptilienfonds“ anlegen, und er wollte natürlich mit Geld Machtstrukturen aufbauen. Das steckt dahinter! Aber da stellt er sich nicht her und gibt das zu. No na! Bismarck war ehrlich genug, er hat gesagt: Ich brauche meinen „Reptilienfonds“, damit die Zeitungen so berichten, wie ich es will, damit der bayerische König auf die Kaiserwürde verzichtet! – Das war klar. Das war wenigstens offen und ehrlich.

Der Finanzminister sagt: nein! Das traut er sich nicht. Er sagt: Die haben Repräsenta­tionsspesen! Es wurde gegessen, getrunken, und die Homepage kostet das 24fache! – Herr Finanzminister! Für wie blöd halten Sie eigentlich alle, die sich das jedes Mal anhören müssen? Das ist doch unfassbar, was Sie da sagen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher ist natürlich der Misstrauensantrag mehr als berechtigt – einmal mehr als be­rechtigt! Mag sein, dass Sie einen moralischen Standard haben wie die Machthaber im Römischen Reich in der Schlussphase. Ich sage Ihnen nur: Es hat dort tausend Jahre


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