Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 43

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Landesrätin, da hat sie noch ein bisschen mehr Zugeständnisse gemacht, zumindest rhetorisch.

Der zweite Punkt, der mir wichtig wäre, wurde schon angesprochen: die Zuverdienst­grenze. Ich finde es ja wirklich schon fast absurd, wenn man da steht und sagt: Frau und Mann sollen die Wahlfreiheit haben, wie sie es denn machen können! Sie sollen daneben verdienen gehen können und sich die Kinderbetreuung anders regeln! – Ja, wie denn, wenn Sie die Zuverdienstgrenze einziehen? Wenn Sie eine wirkliche Wahl­freiheit geben wollen, dann schaffen Sie diese Zuverdienstgrenze ersatzlos ab, die nur dazu dient, Frauen in marginalen Beschäftigungsverhältnissen ein bisschen mit drin­nen zu halten, und die das alte Modell stützt, dass die Frau ohnehin nur dazuverdient. Dass die Frau ein eigenständiges Einkommen hat, existenzsichernd jedenfalls, sich das verdient, die staatliche Unterstützung dazu bekommt in Betreuungsphasen und anderen, das ist nicht in Ihrem Weltbild vorhanden. In Ihrem Weltbild gibt es die Frau nur als Dazuverdienende.

Das sieht man ja im Übrigen auch an der Steuerreform. In der Steuerreform stärken Sie ein einziges Familienmodell wirklich deutlich, nämlich den Alleinverdiener, wo der Absetzbetrag deutlich angehoben wird, und die Frau darf ein bisschen dazuverdienen. Die Frau ist im Modell als Dazuverdienerin vorgesehen. (Abg. Ellmauer: Die Allein­erzieher genauso!) Die allein erziehenden Frauen werden bei weitem nicht so prioritär behandelt, wie das notwendig wäre, aber Ihr Modell, Herr Abgeordneter, und das ist das Problem, ist: Es gibt den Mann, der das Geld nach Hause bringt, für den Unterhalt der Familie sorgt, Frau kümmert sich um die Kinder und verdient ein bisschen dazu. – Das entspricht einfach nicht mehr dem, wie Menschen heute leben wollen, wie viele Menschen heute leben wollen. Geben Sie denen doch die gleichen Wahlfreiheiten, die sie angeblich haben!

Wo ist denn die Wahlfreiheit, wenn ich zum Beispiel aus pädagogischen Gründen ein zwei- und ein vierjähriges Kind gemeinsam in dieselbe, an neuer Pädagogik orientierte Kindergruppe schicken möchte, aber es weit und breit keine gibt, weil Sie sie totge­spart haben?

Oder ich will sie am Nachmittag in den Kindergarten schicken, aber es gibt keinen, weil ich irgendwo auf dem Land lebe und dort die Kinderbetreuungseinrichtung nicht ausge­baut ist. Oder es gibt womöglich überhaupt keinen Kindergarten; das weiß man ja nicht. In Westösterreich gibt es ja nach wie vor ein Defizit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was ich in diesem Zusammenhang absurd finde, ist, dass es in der Regierung offen­sichtlich als Hauptanliegen im Rahmen der Kinderbetreuung den Streit darüber gibt, wie viele Plätze es denn vielleicht sein könnten, und Studien in Auftrag gegeben wer­den, ob es jetzt 90 000 oder doch nicht 90 000 sind. Ich flehe Sie an: Hören Sie auf, mit irgendwelchen Studien eine Hinhaltetaktik zu betreiben! Fangen Sie einfach an, Betreuungsplätze auszubauen! Ob wir dann 90 000 oder 80 000 in der Ausbaustufe am Schluss brauchen, ist jetzt nicht relevant. Jetzt ist einmal relevant: Schaffen Sie zumindest die ersten zehntausend Betreuungsplätze mehr! Das ist die Frage, der Sie sich stellen sollten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nur eine letzte Anmerkung an die Adresse von Frau Abgeordneter Rosenkranz: Ich finde es wirklich haarsträubend, wenn man sich herstellt und so tut, als wären Kinder­betreuungspausen für Frauen keine Armutsfalle! Es lebt nicht jede Frau mit einem Abgeordnetengehalt und kann sich verschiedene Modelle der Kinderbetreuung und Einkommenssicherung leisten. Es gibt für viele Frauen ein bitteres Erwachen, wenn sie nach dem Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ihren Job plötzlich nicht mehr haben. Es gibt noch viel mehr Frauen, die bitter dafür bezahlen, wenn plötzlich die Partnerschaft


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