Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 103

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Diesen gibt es, auch wenn man jetzt, dem parlamentarischen Verfahren sozusagen Rechnung tragend, die meiner Ansicht nach eigentlich wirklich skandalöse Vorgangs­weise angewandt hat, dass man am Donnerstag eine Ausschusssitzung abhielt, in die­ser etwas beschloss – ob einstimmig oder nicht einstimmig –, dann in zweiter Lesung am Montag, also vorgestern, ein völlig neues Gesetz vorgelegt und gesagt hat, dass das am Mittwoch beschlossen wird.

Das ist eine Vorgangsweise, die von der Opposition – ob das seinerzeit grün-blau-libe­ral war, ob das jetzt rot-grün ist – immer und überall, in allen Materien heftig kritisiert worden ist. Das ist nicht anständiger Parlamentarismus, das ist nicht mein und unser Verständnis von Gesetzwerdungsprozessen, dass man niemanden, der davon betrof­fen ist, über dieses Gesetz informiert. Keine österreichische Betreuungsorganisation hat bis Montag Nachmittag überhaupt gewusst, dass am Mittwoch ein solches Gesetz beschlossen werden kann. Halten Sie das wirklich für vertretbar, meine Damen und Herren? – Nein, manche von Ihnen zeigen mir, dass sie diese Vorgangsweise nicht tolerieren.

Das ist jetzt unabhängig von der Frage, was geregelt wird. Das ist nicht seriöser Par­lamentarismus! – Das war mein erster und wesentlicher Einwand. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der zweite Einwand ist Folgender: Ich wäre geneigt zu sagen, nehmen wir diese un­seriöse Vorgangsweise hin, wenn der Inhalt stimmt, wenn das Ergebnis für alle Betei­ligten ein zufrieden stellendes ist. Wenn es nur so wäre! Genau das wird aber nicht erfüllt. Selbst die positive Tatsache, dass es in eingeschränkten Feldern der so ge­nannten ehemaligen Bundesbetreuung und jetzt Grundversorgung von Flüchtlingen einen Rechtsanspruch gibt, wird noch so ausgestaltet, dass der Rechtsanspruch sehr einfach und sehr leicht ausgeschaltet beziehungsweise nur dann in Anspruch genom­men werden kann, wenn man eine Rechtsberatung hat.

Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren: Wie werden jene Asylwerber, die – und dort war ich schon – im Bundesland Tirol, in Hochfilzen am Bürglkopf, sitzen, davon erfahren? Waren Sie dort schon einmal, Herr Bundesminister? (Bundesminister Dr. Strasser: Na!) – Na! Und da lachen Sie auch noch dazu? (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Fahren Sie dort einmal hin und schauen Sie sich an, wie auf 1 800 Meter Höhe Asylwerber bundesbetreut werden! (Bundesminister Dr. Strasser: Es ist niemand gezwungen, dort hinzufahren!) Das ist dort, wo man eine Dreiviertel­stunde vom Tal mit dem Auto hinfahren muss, bis man endlich oben ist. (Bundesminis­ter Dr. Strasser: Jeder freiwillig!)

Jetzt frage ich Sie, Herr Bundesminister: Wie kann jemand, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, weil er ein Flüchtling ist und am Bürglkopf sitzt, ein Rechtsmittel, von dem er nichts weiß, in Anspruch nehmen, wenn ihm selbst diese minimale Grundver­sorgung, die er hat, versagt wird und er vom Bürglkopf auf 1 800 Meter Höhe im wahrs­ten Sinne des Wortes ins Freie oder auf die Straße gesetzt wird?

All das regelt dieses neue Bundesbetreuungsgesetz nicht. Diese Lücken werden nicht beseitigt. Alle, die mich kennen – und Sie kennen mich inzwischen alle, denn ich rede hier oft genug (allgemeine Heiterkeit) –, wissen, dass ich eine leidenschaftliche Kämp­ferin bin beziehungsweise leidenschaftlich Partei nehme für jene, die es am notwen­digsten brauchen. Das ist mein Job. Ich bin die Integrations- und Menschenrechts­sprecherin der Grünen und bin für diese Bereiche zuständig. Ein Österreicher kann in Österreich kein Flüchtling sein, das heißt, ein Flüchtling in Österreich muss zwangs­läufig ein Fremder sein, und für diesen setze ich mich ein.

Ich wäre sehr gerne dazu bereit gewesen, mit Ihnen, Herr Bundesminister, entspre­chende Lösungen zu erarbeiten. Da, wo ich nämlich keine Mitsprachemöglichkeit, nicht


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