Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 218

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Bei der Aufteilung der nationalen Reserve von 36 000 Tonnen wurden zirka 12 000 Be­triebe berücksichtigt. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Herr Kollege Scheuch! Ich schließe an Ihre Kritik an! Vielleicht wollen Sie noch ein bisschen Muni­tion dazubekommen, dann sollten Sie ein bisschen zuhören. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich höre immer zu, Frau Kollegin!) Während die Kammern von einem Zukauf von Milchquoten – wahrscheinlich auch Ihnen – mit der Warnung abgeraten haben, dass es unwirtschaftlich sei, haben einige wenige offensichtlich über Insiderinformationen verfügt, denn anders kann ich mir nicht erklären, dass sie trotz Warnung der Kammern zugeschlagen haben.

Wieso kann man das als „Insiderhandel“ bezeichnen? – Sprechen wir doch einmal vom Marktwert dieser Kontingente aus der nationalen Reserve: Ein Liter Milchquote ent­spricht einem Marktwert von 1 €. Die 4 000 Betriebe, die im Durchschnitt 5 000 Liter Milchquote zugesprochen erhielten und den großen Milchlieferanten zuzurechnen sind, nämlich zu 66 Prozent, können über einen Lieferzeitraum von vier Jahren etwa 6 800 € erlösen. Dazu kommt noch ein Plus von zirka 5 000 €, weil ein solcher Betrieb ab 2007 das Kontingent wieder weiterverkaufen kann. Für diese Zuteilung, die in der Tat bares Geld bedeutet, haben nur jene Betriebe Antragsformulare erhalten, die in den Jah­ren 2000 bis 2002 Milchquoten zugekauft oder geleast haben. – Das sind Zukunfts­betriebe, meint Herr Minister Pröll. Ich würde sagen: Das sind Insiderbetriebe! Was aber ist mit den vielen kleinen und mittleren Betrieben, von denen nur 15 Prozent eine Zuteilung erhielten? Herr Minister! Haben die keine Zukunft?

Da muss ich Kollegen Eßl fragen: Lieber Franz! Sagst du deinen Kollegen im Lungau auch, dass sie im Grünland keine Zukunft haben, dass die Kammern für sie keine Zu­kunft sehen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sind per Du? Eine grün-schwarze Lieb­schaft?)

Welche Interessen vertritt eigentlich die Interessenvertretung der Bäuerinnen und Bauern, wenn sie sie nicht einmal dabei unterstützt, im Falle ihrer Berufung bei der AMA rechtsfreundlich vertreten zu sein und nach dem Gleichheitsgrundsatz behandelt zu werden?

Kollege Grillitsch, der jetzt nicht mehr herinnen ist ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da ist er!) Entschuldigung! Kollege Grillitsch spricht in seinem Gastkommentar in einem Kleinformat vom „Kampfobjekt Milch“. Er beklagt, dass der Milchpreis jetzt schon auf dem Tiefpunkt angelangt ist. Gleichzeitig unterstützt er mit seiner Partei den Konzent­rationsprozess in der Milchproduktion. (Abg. Grillitsch: Wer?) Herr Grillitsch! Sie! (Hei­terkeit und Beifall bei den Grünen.) Er beschwört uns, dass wir uns alle wehren sollen, und zwar jetzt! Wogegen sollen wir uns wehren, Herr Grillitsch? Gegen die Wettbe­werbsverzerrung, die schon auf dem österreichischen Markt stattfindet?

Mit dieser Maßnahme jedenfalls wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft be­schleunigt. Wachse oder weiche! Das ist die Devise in der ÖVP: Kauf zu oder schleich dich! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das war jetzt aber eine Salzburger Interpretation!) Genau! Das war salzburgerisch abgewandelt!

Immerhin stellt die ÖVP seit 1945 mit einer Unterbrechung in der Kreisky-Alleinregie­rung immer den Landwirtschaftsminister. Sie hat es aber mit immer höheren Förderun­gen offensichtlich nicht geschafft, dem Bauernsterben Einhalt zu gebieten. Wäre das in irgendeinem anderen Politikfeld der Fall, dann wäre etwas los! Dann würde die ÖVP genau untersuchen, was da eigentlich vor sich geht! (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Es ist aber falsch, wenn man vom Bauernsterben spricht. Das ist nämlich ein sehr ver­fänglicher Begriff, denn die Bauern sterben nicht, sondern sie verlieren ihren Arbeits­platz! Es kommt zu einer ungeheuren Arbeitsplatzvernichtung im ländlichen Raum, und


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