Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 156

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ein tief herabwürdigender Schlusssatz des Herrn Abgeordneten Wittauer, und ich wundere mich sehr, dass Sie ihm keinen Ordnungsruf erteilen!)

 


16.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, Herr Kollege Wittauer, dass Sie einen Antrag einbringen, der den Titel trägt: „Bekräftigung der bisherigen österreichischen Anti-Atompolitik“. – Sie sind offensichtlich noch nicht lange genug hier im Parlament, um zu wissen, dass das, was heute „bekräftigt“ werden soll, mindestens seit dem 10. Juli 1997 in detaillierterer, beschlossener Form hier aufliegt. Das haben wir alles schon beschlossen – weshalb sollen wir es noch einmal beschließen? (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben sogar viel mehr beschlossen – ich lese es Ihnen dann vor –, aber was vor allem fehlt und somit auch Anlass für unseren Dringlichen Antrag ist, ist die Ab­rechnung mit Ihrer gesamten Atompolitik, ist die Umsetzung, ist die Konkretisierung, ist eine Offensive in Richtung Anti-AKW-Politik auf europäischer Ebene.

Ich darf auf zwei kleine Details eingehen, weil Sie von Scheinheiligkeit gesprochen haben, Herr Abgeordneter Wittauer. Erklären Sie mir bitte einmal, weshalb das Land Kärnten zum Beispiel sein Energieversorgungsunternehmen an die RWE verkauft und damit auch gleichzeitig die Wasserversorgungsrechte an die RWE veräußert. Erklären Sie mir das einmal! – Das war nur ein kleiner konkreter Hinweis auf die so genannte Wasserpolitik von Landesregierungen, teilweise auch von Bundesregierungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein zweiter Hinweis, Herr Kollege Wittauer: Bitte, schauen Sie sich noch einmal Ihr blau-rotes Regierungsübereinkommen in Kärnten an. – Keine Zeile, keine Silbe, kein Wort zu Krško! Nichts! Keinerlei landespolitische Initiative gegen ein grenznahes AKW, das beileibe nicht ungefährlich ist, das sicher die Dimension von Mochovce hat. Sie ignorieren es. Sie ignorieren es teilweise noch mehr, als die Bundesregierung atom­politisch vieles ignoriert. – Das nur, damit Sie einmal vor der eigenen Türe kehren können.

Nun zum Generellen. Herr Bundeskanzler und vor allem auch Herr Klubobmann Molterer! EURATOM – das ist ein großer Streitpunkt zwischen unseren Parteien, wie man mit diesem fossilen Energievertrag, mit diesem fossilen Grundvertrag der RWE – früher der EWG – zu Rande kommen kann. Wir sind für den Ausstieg, wir sind für die Entsorgung dieses Vertrages. Ihre Abgeordneten im Europäischen Parlament aber haben in zweiter und dritter Lesung eine Verlängerung dieses Vertrages ermöglicht, eine Konkretisierung dieses Vertrages in atomenergiepolitischer Hinsicht ermöglicht. – Ihre Abgeordneten waren das! Das ist Ihre EU-Politik, das ist Ihre AKW-Politik!

Das sind beinharte Fakten, die zeigen, dass Sie das nicht ernst nehmen, was wir in diesem Nationalrat schon oft und lange besprochen und beschlossen haben, nämlich: ein kernkraftwerkfreies Mitteleuropa und ein ganz konkretes Szenario, wie wir das erreichen können.

Herr Bundeskanzler, eine kleine Frage an Sie, ein kleines Quiz für Sie; vielleicht sind Sie atompolitisch doch ein bisschen bewandert. Die Frage lautet: Aus welchem Jahr stammt der letzte Bericht des Bundeskanzleramtes zum Themenbereich Kernenergie­politik, Fortschrittsbericht zur Entschließung des Nationalrates? Aus welchem Jahr, Herr Bundeskanzler? Es war der letzte Bericht, den wir von einem Bundeskanzler bekommen haben. – Sie wissen es nicht? Sie senken in betretenem Schweigen den Kopf.

 


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