Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 218

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anderes! Sie wollten in Wahrheit eine Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz machen. Wir haben diese Vorgangsweise stets abgelehnt. Wir wollten stets ein eigenes Anti­diskriminierungsgesetz und ein eigenes Antirassismusgesetz. Vor allem haben wir auch stets eine weisungsfreie Ombudsstelle gefordert, die etwa der Volksanwaltschaft nachgebildet oder bei der Volksanwaltschaft angesiedelt und dem Parlament unterstellt beziehungsweise verantwortlich ist.

Dieses Antidiskriminierungsgesetz hat eine lange Geschichte. Es geht schon bis ins Jahr 1998, das Menschenrechtsjahr, zurück. Es hat zahlreiche Diskussionen gegeben. Initiatoren dieser Initiative „Arbeitsgemeinschaft Antidiskriminierungsgesetz“ sind mit dem Bruno-Kreisky-Menschenrechtspreis ausgezeichnet worden. Es haben sich zahl­reiche Initiativen gefunden wie Helping Hands, SOS Mitmensch, Initiative Selbst­bestimmt Leben, Initiative Minderheiten, das Ludwig-Boltzmann-Institut, amnesty inter­national, die Homosexuelleninitiative Wien und noch etliche andere.

Für uns war immer klar: Die Regelung im Gleichbehandlungsgesetz ist nicht der adäquate Zugang, denn dieses ist für die Geschlechterdifferenz zuständig. Zweck und Ziel war es daher, ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen, etwa nach dem Vorbild des britischen Race Relations Act oder der niederländischen Vorschläge oder auch des schwedischen Modells.

Es gibt im vorliegenden Gesetz trotz einiger Vorzüge auch etliche Schwächen, etwa die Beweislastregelung: Die Richtlinienbestimmungen sehen vor, dass es dem Beklag­ten obliegt zu beweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Der Ministerialentwurf ist dem gegenüber deutlich abgeschwächt. Man muss aber bedenken, dass Diskriminierungs­opfer meist finanziell unterlegen sind und ein erhöhtes Verfahrens- und Kostenrisiko tragen.

Zum Zweiten, zu der von Ihnen angesprochenen Verbandsklage. Es ist zwar in § 62 des neuen Gleichbehandlungsgesetzes unter dem Titel der Nebenintervention die Möglichkeit vorgesehen, dass ein Betroffener verlangen kann, bei einem Rechtsstreit zur Durchsetzung seiner Interessen einen Klageverband als Nebenintervenient zu verlangen. Diesem Klageverband gehören derzeit aber nur die drei Vereine ZARA, Bizeps und HOSI an. Außerdem ist das auch nicht das Gleiche wie ein Verbands­klagerecht, bei dem international bewährte Institutionen zur Bekämpfung von Dis­kriminierung für die Opfer Verfahren bestreiten können. Das ist etwas grundsätzlich anderes.

Es fehlen auch die Regelungen zum Dialog mit den NGOs, und es fehlt last but not least auch ein Ombudsmann oder eine Ombudsfrau gegen Diskriminierung, welche demokratisch legitimiert ist und vom Parlament bestellt wird, sich mit den strukturellen Problemen beschäftigt, generelle Empfehlungen erarbeitet und eine intensive Öffent­lichkeitsarbeit betreibt, wie es etwa in Schweden der Fall ist, wo es eine eigene Ombudsfrau gegen ethnische Diskriminierung gibt, die für eine Amtszeit von sechs Jahren berufen wird, eine Geschäftsstelle mit 15 Mitarbeitern und eine Fülle von Kompetenzen und Möglichkeiten hat.

Es ist ganz evident, dass Sie die verschiedenen Sachbereiche aus Synergie‑ und Kos­tengründen in diesem einen Gesetz geregelt haben und man daher auch nur die Gleichbehandlungskommission entsprechend adaptiert hat. Das Entstehen eines positiven Bewusstseins und Diskussionsprozesses zum Thema Antidiskriminierung wird das nach unserem Dafürhalten aber nicht auslösen.

Das beweist schon die einem Antidiskriminierungsgesetz Hohn sprechende Schaffung von vier Klassen von Diskriminierungsopfern beziehungsweise von vier unter­schied­lichen Schutzniveaus, nämlich für Behinderte, ethnisch Diskriminierte, Frauen und solche wegen sexueller Orientierung beziehungsweise Religion.

 


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