Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 58

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17.42

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Schönen guten Tag, Frau Präsidentin! Ich begrüße Sie in Ihrer neuen Funktion! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Guten Morgen!)

Zum Gesetz: Wir Grünen bekennen uns zur Mitbestimmung und damit auch zur Regu­lierung von Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Es war ganz interessant, dem Abgeordneten Keck zuzuhören, wie er nicht zu Unrecht vermutet hat, dass das große Einsparungspotential, das man sich durch die Schaffung dieser Europäischen Gesellschaft, der Societas Europaea, erhofft, nicht allein durch die Gebühr für Stempelmarken hereingebracht werden kann, sondern dass es dazu natürlich auch des Einsparens von Rechtsabteilungen im Bereich dieses quer durch Europa sehr unterschiedlich gestalteten Gesellschaftsrechts bedarf, das für diese Organisationsform der Europäischen Gesellschaft vereinheitlicht wird.

Ich möchte es nur klarstellen, Kollege Keck: Gegen diese Vereinheitlichung hatten wir im Prinzip überhaupt nichts. Das ist okay! Dass es jetzt wieder 15, eigentlich in Zukunft 25 unterschiedliche Regelungen der Mitbestimmung im Rahmen der Richtlinien­kom­petenz gibt und geben wird, das macht die Sache, was die Mitbestimmung betrifft, nicht unbedingt einfacher. Ob sich die Unternehmen, die jetzt diese Europäische Gesell­schaft gründen, mit 25 unterschiedlichen Konvoluten dieser Art gut zurechtfinden werden und wollen, das ist wieder eine andere Sache. Im Prinzip, ganz ehrlich: Das ist eine Form der Regulierung, die – und das ist kein Vorwurf an den österreichischen Gesetzgeber – schon sehr weitgehend ist.

Wenn man unsere auch nicht schlecht regulierte österreichische Arbeitsverfassung als Grundlage der Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hernimmt, wo ich mir wünschen würde, dass manche Bestimmungen etwas einfacher und manche Zugänglichkeiten etwas leichter wären, etwa die Möglichkeit zur Gründung eines Betriebsrates – das ist kein einfaches Unternehmen im Rahmen der österreichischen Arbeitsverfassung, da muss man schon sehr genau aufpassen, dass man da alle Bestimmungen und Voraussetzungen einhält –, so muss man sagen: Mit diesem Werk wird es auf einer Ebene oder auf etlichen Ebenen darüber nicht einfacher, sondern wesentlich komplizierter. Das merkt man auch am Umfang, der den entsprechenden Paragraphen zugemessen wird.

Wir werden diesem Gesetz zustimmen. Es ist auch von sozialdemokratischer Seite berechtigt Kritik geäußert worden, aber trotzdem, Sie haben auch selbst gesagt – und es ist jetzt ein bisschen paradox nach dem, was wir vorher diskutiert haben –, dass es für Sie im Wesentlichen zufrieden stellend ist.

Worauf ich, und zwar trotz des Bekenntnisses zur Regulierung der Arbeits­beziehun­gen, den Fokus noch legen möchte, das ist Folgendes: Wir haben in Europa etliche Bereiche in den Arbeitsbeziehungen – und da geht es nicht um die ganz großen Ge­sell­schaften –, die völlig unterreguliert sind. Ich habe vorhin mit meinem Klubvorsitzen­den darüber gesprochen, dass es etwa im Bereich des gesamten Verkehrswesens ein Arbeitsrecht gibt, das Europas unwürdig ist, nämlich de facto keines, was Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Europa und innerhalb Europas ermög­licht, die an die Ausbeutungsverhältnisse des 19. Jahrhunderts erinnern. Da braucht man nicht nur die bulgarischen Transportarbeiter herzunehmen, sondern da kann man auch darauf zurückgreifen, wie die Beziehungen im Bereich des Verkehrs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, egal in welchem Land der Europäischen Union, was die Arbeitszeiten betrifft, was das Arbeitsrecht als solches betrifft, inzwischen aus­schauen – natürlich auch, was die Löhne betrifft.

 


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