Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 19

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Ich bin Praktikerin aus den Bereichen der Justiz und Verwaltung. Mir ist wichtig – und darin weiß ich mich mit meinem Amtsvorgänger einig –, dass sich die Justiz für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes öffnet. Dazu bedarf es einer verständlichen Sprache und auch der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Justizpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, ist Gesellschaftspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist mir daher ein persönliches Anliegen, gerade in dieser Frage den Dialog mit Rich­tern, Staatsanwälten und dem gesamten nicht-richterlichen Personal zu suchen.

Mir ist auch die Weiterführung der Reformen im Bereich der Opferhilfe wichtig. Ich nenne hier nur das Stichwort „Opferschutz vor Täterschutz“. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Eine weitere Verbesserung für die Bevölkerung unseres Landes sehe ich im ehrgeizi­gen Projekt der Verfahrensbeschleunigung in Zivilprozessen. Mein Ziel ist es, dass privatrechtliche Streitigkeiten vor Gerichten erster Instanz in Zukunft nicht länger als ein Jahr dauern dürfen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Des allseits bekannten Problems der steigenden Häftlingszahlen und der Unterbrin­gung der Häftlinge werde auch ich mich annehmen.

Sozialbetrug soll unter meiner Ministerschaft einer strengen Bestrafung zugeführt wer­den. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als erste Justizministerin der Republik Österreich will ich auch die Chance nutzen, das Thema Gleichstellung von Mann und Frau im Sinne von Gender Mainstreaming in meine Arbeit einfließen zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich will eine Justizministerin für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sein. In diesem Sinne freue ich mich schon auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen! Ich habe vor, bereits in den nächsten Tagen Gespräche mit den Justizsprecherinnen und dem Justizsprecher der Parlamentspar­teien zu führen, und hoffe auf ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte über diese Erklärun­gen ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 15 Minu­ten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


10.40

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat auf das wesentliche Werk einer Europäischen Verfassung verwiesen, das in der Tat von ganz großer Bedeutung ist, weil damit die Bürgerinnen und Bürger Europas das erste Mal eine gemeinsame Verfassung erhalten. Es ist richtig, dass viele der Wünsche, die es an diese Verfassung gegeben hat, nicht realisiert werden konnten. Es ist diese Ver­fassung leider weiterhin sehr intransparent, was die Entscheidungsverfahren betrifft, und es sind ganz wesentliche Erfordernisse europäischer Politik nicht geregelt. Aber es ist diese Verfassung noch immer besser als der Zustand davor, und daher begrüßen wir Sozialdemokraten den Beschluss dieser Europäischen Verfassung ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können aber über die Tatsache nicht hinweggehen, dass die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament außerordentlich niedrig war – nicht nur bei uns in Österreich, sondern auch in vielen


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