Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 73. Sitzung / Seite 62

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Wir haben einen riesigen Schritt in Richtung Liberalisierung erlebt, und wir pflegen diesen Schritt auch. Wir haben diesen Schritt in Richtung Meinungsäußerungsfreiheit getätigt. Damals hat es immer geheißen, man könne ja ohnehin 40, 60, 80 Kanäle empfangen. Das stimmt ja nicht, ist ja gleichgültig: Die Freiheit des Meinungs-empfan­ges ist noch lange nicht zu vergleichen mit der Freiheit der Meinungsäußerung. Das haben wir in Wirklichkeit erreicht, und das haben die beiden Kabinette Schüssel I und II wirklich ausgebaut. Das muss man auch einmal sagen. Das hat auch Frau Abge­ordnete Bleckmann zu Recht betont. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist nun einmal das Objektivitätsgebot, das einerseits den ORF verpflichtet, auf Verfassungsebene korrekt und umfassend und pluralistisch zu berichten, das aber auch erzwingt, dass er sich an gewisse Rahmenbedingungen halten muss und auch in Zukunft wird halten müssen und nicht nur in der Gegenwart, in der er auch schon kontrolliert werden kann.

Unsere Leitlinie muss sein – und das, so glaube ich, könnte quer durch die Parteien gehen –, dass der ORF eine Einrichtung ist, die allen Österreichern zur Verfügung steht und die nicht wie ein Ministerium von Legislaturperiode zu Legislaturperiode die Farbe wechseln könnte. Das haben wir auch erreicht, wir haben sehr viel erreicht.

Die Medienmacht, die vom ORF ausgeht, ist eine zweigeteilte – das muss man auch grundsätzlich sagen –: einerseits eine riesige Wirtschaftsmacht im Werbebereich. Keiner hat heute etwas gesagt, dass die Zeitungen, auf die Sie auch angewiesen sind, die Triebfedern sind, dass die KommAustria die Frage überprüft, ob der ORF wirklich die Werbebestimmungen immer einhält oder nicht. Das wäre einmal ein kritisches Wort an die Zeitungen gewesen. Die Zeitungen haben jetzt schon die Möglichkeit der Kon­kurrenzbeschwerde, von der sie nicht Gebrauch machen – deshalb nicht Gebrauch machen nach eigenen Worten, weil sie sich vor der Übermacht des ORF fürchten. Und da muss man auch einmal sagen, dass diese Übermacht akzeptiert werden muss und dass in diesem Ausnahmefall eine zusätzliche Kontrolle durch die KommAustria zulässig und richtig sein muss. Das ist nun einmal so.

Da Sie, Herr Abgeordneter Cap, gesagt haben, die KommAustria sei eine „Metternich-Behörde“, und den BKS detto als „Metternich-Behörde“ bezeichnet haben, so sage ich Ihnen ganz deutlich: Der BKS, also der Bundeskommunikationssenat, ist weisungsfrei gestellt! Herr Abgeordneter Cap, dort gibt es nicht einmal theoretische Weisungen, das möchte ich schon sagen! Und Sie bezeichnen diese Einrichtung als „Metternich-Behörde“! (Abg. Dr. Cap: Stimmt ja!) – Nein, denn sie ist weisungsfrei gestellt! Der Bundeskommunikationssenat wird vorwiegend von Richtern betreut, und diese sind auf Grund einer Verfassungsbestimmung weisungsfrei gestellt. Das kann man nicht ohne Kommentar zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die KommAustria wäre theoretisch weisungsunterworfen, aber Sie werden dort niemanden finden, der jemals eine Weisung bekommen hat. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.) So real müssen Sie auch in Ihrem Denken und in Ihrer Argumentation sein!

Sie sind es, die heute die Gelegenheit haben, Sie von den Sozialdemokraten und den Grünen, zu sagen: Ja, wir wollen einen weiteren Schritt machen in Richtung Weisungs­freistellung auch der von Ihnen kritisierten KommAustria. Vielleicht ist es nicht der ganze Schritt, den Sie gehen wollen, vielleicht wollen Sie noch mehr, mag sein, wir sind auch dazu bereit, aber eine verfassungsmäßige Weisungsfreistellung auch der KommAustria ist das Angebot, das Sie heute haben. Wenn Sie es ausschlagen, dann wollen Sie diese Weisungsfreistellung nicht. Das muss man auch einmal deutlich sagen.

 


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