abstimmung 1994 über den EU-Beitritt mit der großen Propagandamaschine gemacht wurde, denn das rächt sich früher oder später!
Auch in der Türkei-Frage, finde ich, kann man viel offensiver sein, Frau Bundesministerin Dr. Plassnik, als ich Ihren letzten Interviews entnommen habe. Da bin ich keinesfalls auf einer Linie mit Kollegen Gusenbauer und der SPÖ (Abg. Großruck: ... auch nicht?), denn: Die Grünen sagen ja zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Sinne des Kommissionsvorschlages, eines Kommissionsvorschlages, der ohnedies so viele Kautelen enthält, dass man sich fragt, ob das alles notwendig gewesen ist.
Wir sagen auch ja zum Beitritt der Türkei (Abg. Scheibner: Seit wann?), wenn – und die Klarheit über diese „Wenns“ ist auch eine politische Vermittlungsarbeit – die EU imstande ist, diese Erweiterung zu verdauen, wenn gleichzeitig und parallel mit diesen Verhandlungen die Verhandlungen mit Rumänien, Bulgarien, vermutlich auch Kroatien, zu einem Abschluss gebracht werden – und: wenn nicht darauf vergessen wird, dass es noch weitere Balkanländer gibt, die selbstverständlich, wenn sie das wollen, Mitglied der EU werden können und sollen, so etwa Bosnien-Herzegowina oder Mazedonien. (Abg. Großruck: Albanien! – Ruf bei der SPÖ: Serbien!) Nochmals: Wenn diese Länder das wollen.
Das sollten die Prioritäten der
europäischen Außenpolitik sein – und das kann man, glaube ich, den
Vertretern der Türkei auch klar sagen. (Beifall bei den Grünen.)
Das größte Wenn ist selbstverständlich,
dass die Türkei die Beitrittsbedingungen erfüllt. Ich meine, die
Türkei sollte gleich behandelt werden wie andere Beitrittskandidaten –
und nicht mit extra erfundenen Kriterien überschüttet werden. Insoweit –
und nur insoweit – ist das Ergebnis bei diesen Verhandlungen offen; es ist
nicht a priori offen. Aber: Wenn man kein Verhandlungsziel hat,
worüber verhandelt man dann eigentlich?! Das finde ich schon an der Grenze des
Schwindels, was da zu suggerieren versucht wird. (Abg. Scheibner: Schwindel
ist, dass man vor der Wahl etwas anderes sagt als nach der Wahl!)
Man muss klar sagen: Ja, ein EU-Beitritt der Türkei kommt – in sehr ferner Zeit wahrscheinlich, das wird schon dauern – zustande, wenn, wenn, wenn ... (Abg. Mag. Molterer: ... sagt der Kommissionsbericht!) Aber von Haus aus zu sagen, das Ergebnis ist völlig offen, das finde ich an der Grenze. (Abg. Mag. Molterer: Offener Ausgang!) – Auch die Kommission, ungeachtet der Vornamen der Kommissare, ist nicht heilig und nicht immun gegen Kritik, Herr Kollege Molterer! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)
Mich würde auch interessieren, Frau Außenministerin, wie Sie zu den bisherigen Erfolgen und Misserfolgen in der Außenpolitik stehen. Sie werden das wahrscheinlich nicht alles heute erklären können, jedoch vielleicht im Laufe der kommenden Monate, so zum Beispiel, wie Sie die Frage sehen, ob die Vertretung österreichischer Interessen in Brüssel wirklich optimal gelaufen ist – oder ob sich nicht nach zehn Jahren EU-Mitgliedschaft Österreichs Defizite herausgestellt haben.
Waren beziehungsweise sind etwa die Positionen unseres Landes in der Schwerverkehrspolitik – Stichwort: Transit –, in EURATOM-Fragen oder in der Frage gentechnisch manipulierten Saatgutes in der Landwirtschaft und so weiter wirklich so exotisch, dass sie sozusagen von Haus aus hoffnungslos unterlegen sind? Wenn ja, dann kann man das auch klar sagen! Oder haben wir Fehler gemacht im Lobbying? Sind andere Staaten bei der Vertretung ihrer jeweils anderen Interessen erfolgreicher gewesen? Falls ja: Warum war das so, was sollten wir da ändern?
Abschließend: Naturgemäß reden wir hier sehr viel über EU-Politik – es ist das ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit der neuen Außenministerin; keine Frage –, aber