Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 35

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Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.

 


10.14

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Offensichtlich haben sich die Regierungsfraktionen in den nächtlichen Verhandlungen und auch jetzt am Vormittag noch nicht geeinigt, aber eine Einigung ist schon gestern in die Medien gegangen, und die ist von der Art der Vorgehensweise her unglaublich:

ÖVP und FPÖ einigen sich darauf, die Beiträge für eine gesetzliche Pflichtvertretung, für eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die die Interessen von Millionen Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmern im Land vertritt, zu kürzen! (Rufe bei der ÖVP: Nein! Falsch!)

Sie einigt sich darauf, ohne mit diesen auch nur geredet zu haben, ohne ihnen zu er­möglichen, auch nur eine Stellungnahme abgeben zu können – in Wirklichkeit, weil Sie diesen Staat fast so behandeln wie Ludwig XIV., nach dem Motto: L’état c’est moi! – Der Staat bin ich; er gehört mir!

Es wird parteipolitisch abgehandelt. Sie wollen die Wählerinnen und Wähler dafür strafen, dass sie – bewusst! – Ihren Fraktionen bei den letzten Arbeiterkammerwahlen nicht die Mehrheit gegeben haben (Abg. Öllinger: Ja! Ja!), und für die Zuwächse der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass es einmalig in der Zweiten Republik ist, dass in die Finanzierung – einseitig, ohne Rücksprache, ohne Verhandlungen – eingegriffen wird.

Aber wie eingegriffen wird, ist auch hochinteressant! Es ist nämlich so, dass nicht etwa in der Breite der Beiträge diskutiert wird – nein! (Abg. Ellmauer: Wir haben jetzt Budgetbegleitgesetze!) –, es wird bei der Höchstbeitragsgrundlage, also justament für jenen kleinen Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – leider viel zu wenige im Lande! –, die jenseits von 3 450 € verdienen, eine Deckelung eingezogen.

Und damit sind wir auch schon bei der Art der Politik von ÖVP und FPÖ: Es interessie­ren Sie die Menschen mit ihren Nöten nicht, es interessiert Sie ausschließlich Klientel­politik für entweder Menschen mit der gleichen Einkommenskategorie wie die politi­schen Vertreter der Fraktionen oder jene, die in diesem Bereich ausschließlich nach der Maxime „Ich, ich, ich!“ einer Ellbogengesellschaft frönen.

Dass da die Arbeiterkammern, die diese Dinge sachlich und objektiv laufend aufzeigen, ein Problem für diese Regierung sind, ist klar! Aber dieses Ihr Spiel, was Sie mit der Verkürzung der finanziellen Mittel wollen, ist leicht zu durchschauen.

Bei dieser Gelegenheit lassen Sie mich einmal an die Vertreter anderer Kammern appellieren: Die Unternehmerinnen und Unternehmer wären glücklich, würden deren Beiträge nur 0,5 Prozent ihres Gewinnes betragen, womöglich bei der Wirtschaftskam­mer auch noch gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage – da würden nämlich die Mitglieder der WKÖ einen Bruchteil von dem zahlen, was sie heute zahlen! Diese haben nämlich bei diversen Kammerumlagen keine Grenze nach oben, beim Dienst­geberzuschlag gibt es keine Grenze nach oben, bei der umsatzabhängigen Kammer­umlage gibt es keine Grenze nach oben!

Es gibt eine Reihe anderer Kammern, die deutlich mehr und deutlich höhere Beiträge kassieren, aber justament eine ist im Fokus dieser Regierung – eine, weil sie Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt! (Abg. Scheibner: Es werden Beiträge ge­senkt!) Und das ist typisch für Sie!

 


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