Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 144

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wieder unter Beweis stellt, dass man sich an alles vorher erinnern kann, aber ab dem 4. Februar 2000 einen kollektiven Total-Gedächtnisverlust hat. (Abg. Neudeck: Wir wollen uns nicht dauernd loben!) Und das, was wir gemeinsam einmal hier nachfragen sollten, ist: Warum passiert immer dasselbe in solchen Debatten, nämlich dass Sie, wenn, egal ob von der Sozialdemokratie oder von uns, jemand auf einen Missstand oder auf ein Problem hinweist, sagen: Ja, dazu fällt mir nichts ein, aber im Jahr 1988 hat ein sozialdemokratischer Minister zu viel Geld ausgegeben, und im Jahr 1985 auch!? (Abg. Mag. Donnerbauer: Das stimmt ja auch!)

Sie vergessen nur eine Kleinigkeit: Neben dem sozialdemokratischen Minister ist im­mer Dr. Wolfgang Schüssel gesessen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber auch das dürfte Teil Ihres Gedächtnisverlustes sein. (Abg. Neudeck: Wieso? War damals die Verfassung anders?) Ihr Bild ist ja, dass eine sozialdemokratische Minder­heitsregierung bis zum 2. Februar 2000 dieses Land ruiniert hat, dann der Quereinstei­ger Dr. Wolfgang Schüssel die Freiheitliche Partei angeworben hat und seitdem die Staatsfinanzen so saniert werden, dass eigentlich nur mehr eines übrig bleibt, nämlich Großaufträge an die deutsche Autoindustrie zu verteilen und mit dem Rest Abfangjäger zu finanzieren. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Das ist zwar nicht wahr, aber es klingt nicht schlecht!)

Und: Können Sie uns nicht endlich einmal diesen Wettbewerb in der Diskussion er­sparen: Welche Partei hat wann schlechter gewirtschaftet? – Da stimmt ja einiges. Da gibt es der Sozialdemokratie einiges vorzuwerfen. Nur, wenn man betrachtet, wie in den letzten vier Jahren mit öffentlichem Eigentum umgegangen worden ist, muss man sagen: Es hat noch niemand so schlecht gewirtschaftet wie die derzeitige Bundesregie­rung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es geht uns ja auch darum, wie mit der Kontrolle der Regierung und der von ihr ver­ursachten Missstände umgegangen wird. Und da erinnere ich nur an eines – und da sind wir beim Kapitel Beratungsverträge –: Das ist nicht nur eine Frage der Verschwen­dung, sondern wie man verschwendet, um nicht rechtfertigen zu müssen; wie man verschwendet, um vertuschen und verheimlichen zu können. Und ich sage Ihnen ein Beispiel, auf das mich Werner Kogler aufmerksam gemacht hat: Können Sie sich noch erinnern an den Beratervertrag mit Zehnder, um Prinzhorn-freundliche Aufsichtsräte für die ÖIAG zu suchen? Und dann kommt plötzlich der Rechnungshof und sagt: Na, so geht das wirklich nicht!, und es gibt eine verheerende Kritik des Rechnungshofes.

Normalerweise begnügen sich Regierungsvertreter dann mit einer politischen Recht­fertigung und versuchen, zur Tagesordnung überzugehen. Der Finanzminister aber bestellt einen Berater – einen Berater, der erklären soll, dass der Rechnungshof Unrecht hat. Das heißt: Nicht einmal mehr die Entkräftung der Rechnungshofkritik ist Aufgabe der Bundesregierung, sondern sogar dazu werden bereits Berater beschäftigt! Das Einzige, was fehlt, ist, dass Sie Beratungsaufträge zum Regieren selbst vergeben und sagen: Wozu soll ich regieren, wenn ich Beratungsverträge vergeben kann? (Abg. Öllinger: Das gibt es schon, glaube ich!) Und da können Sie die schlechtesten Berater nehmen – es wird sich nichts verschlechtern, es wird möglicherweise nur eine Spur teurer werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich und habe es noch ein bisschen im Ohr, wie der damalige Rechnungshofpräsident Fiedler erklärt hat – ich glaube, ich zitiere das ziemlich wörtlich –: Wenn so mit der Kritik in Endberichten des Rechnungshofes umgegangen wird, dann – ich zitiere Fiedler – können wir den Rechnungshof ja gleich abschaffen.

 


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