Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 186

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das müssen Sie sich einmal vorstellen, Herr Minister, dafür sind nämlich auch Sie mit verantwortlich –: Wir haben jetzt ja jede Menge neue Züge – wir haben den Talent, wir haben die City-Shuttles, und wir bekommen leider auch den Desiro; das wissen Sie.

Beim City-Shuttle kann man natürlich nicht alleine einsteigen, aber wenn man es irgendwie schafft, dass man hineinkommt, dann hat man ein Gefälle von 60 Prozent. Wenn auf der anderen Seite die Türe nicht geschlossen ist, dann ist man wieder draußen, so fällt das hinunter! – Also unbenutzbar.

Dann gibt es den Talent. In den Talent kann man auch nicht alleine hinein, aber es gibt eine Rollstuhltoilette. Nur ist diese Rollstuhltoilette so klein, dass Sie die Türe nicht zubringen. Also das heißt, wenn ich da hineinfahre, dann steht das Hinterteil von meinem Rollstuhl hinaus. Und zusätzlich müsste ich noch – das muss man sich einmal vorstellen! – über eine Stange drüberklettern – die steht dort nämlich so –, damit ich dann auf die Klomuschel komme. (Heiterkeit des Abg. Marizzi. – Abg. Marizzi: Das ist ein Wahnsinn! Das ist aber wahr! Das ist lustig und traurig!)

Herr Minister! Ich wünsche mir nur eines: dass einmal in diesem Haus irgendwer bereit ist zu denken. Diese Stange – das haben wir vor zwei Jahren schon gesagt – ist ein Schmarren! Dann wurden uns Fotos gezeigt, wo sich ein Nicht-Behinderter kurzfristig in den Rollstuhl setzt und sich als Model für diese Toilettenbenützung hergibt. Und der steigt – das ist auf dem Foto sichtbar – über diese Stange drüber, damit er aufs Klo kommt. Das muss man sich einmal geben! – Dann haben wir gesagt: Das ist ein Schmarren! Vergessen Sie das! Wir brauchen so etwas nicht!

Jetzt bekommen wir den neuen Desiro, und siehe da: Was ist dort? – Die Stange ist weg, aber die Tür geht auch nicht zu, Herr Minister. Und wenn Sie glauben, dass es unser Interesse ist, dass wir ständig im Freien sitzen, nur weil wir aufs Klo gehen müssen, dann muss ich Ihnen sagen: Herr Minister, das ist es nicht.

Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie endlich einmal Geld herausrücken, das zweck­gebunden ist für den barrierefreien Verkehr, damit die ÖBB auch wirklich einmal gezwungen sind, das zu machen, damit auch mobilitätsbeeinträchtigte Menschen mit der Bahn fahren können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister, zum Abschluss: Ich erwarte mir von Ihnen einen Termin, wo wir mit­einander mit dem Zug fahren. (Heiterkeit bei den Grünen.) Wir brauchen nur von Salzburg nach Zell am See zu fahren: Das müssen wir 72 Stunden vorher anmelden! – Wenn Sie von Salzburg nach Zell am See fahren, müssen Sie das 72 Stunden vorher melden. Das muss man sich einmal geben! Und warum? – Weil diese Züge ohne Personal fahren; da ist nur mehr der Fahrer im Zug und sonst niemand. Und wenn jetzt ein Rollstuhlfahrer daherkommt (Abg. Gaál: Der ist erledigt!) und sagt, er möchte da mitfahren, dann wird eigens Personal von Salzburg abgestellt. Das muss man sich vorstellen: Der fährt dann mit nach Zell am See, packt den dann auf, fährt leer wieder zurück; und wenn der wieder zurück will, kommt er wieder leer her, der Rollstuhlfahrer steigt wieder ein, und man fährt dann gemeinsam wieder zurück.

Herr Minister, wenn das die Verkehrspolitik des Jahres 2004 ist, dann weiß ich nicht, in welcher Welt wir sind und wo Sie leben. Herr Minister! Bitte machen Sie diese Hand­bewegung (die Rednerin hebt ihre Hände etwas hoch und dreht dann die Handflächen nach oben) nicht mehr, denn sie ist noch nicht passend. Wir haben noch lange nicht das, was wir brauchen, nämlich einen barrierefreien öffentlichen Verkehr. Und dieser, Herr Minister, steht uns zu, und den erwarten wir uns auch von Ihnen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


19.24

 


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