Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 96

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Ich werde trotzdem konstruktiv sein. Fangen wir einmal mit dem Positiven an – es geht ganz schnell, ist nicht allzu viel –: Wir waren bei der letzten Budgetdebatte ganz deut­lich mit Vorschlägen und haben gesagt, die Ministerin ist für Gesundheit und Frauen gleichzeitig zuständig. Es wäre daher wichtig, sich geschlechtsspezifische Aspekte in der Medizin genauer anzuschauen.

Ich hatte so das Gefühl, bei den ersten Debatten darüber – damals noch im Budget­ausschuss – war das Verständnis für den Konnex noch nicht besonders ausgeprägt. Umso mehr freut es mich, dass es inzwischen eine Initiative der Ministerin gibt: Gender Medizin in der Ausbildung an der Universität und bei der Weiterbildung, die die Ärzte­kammer anbietet. Dazu kann ich nur gratulieren. Das ist ein richtiger Schritt in die rich­tige Richtung. Bitte weitermachen! (Beifall bei den Grünen.)

Damit kommen wir dann zum eigentlichen Kapitel, nämlich Frauenpolitik. Da schwanke ich jetzt zwischen dem gestern von Klubobmann Scheibner kreativ eingebrachten Schweigen am Rednerpult – das würde der Tätigkeit am genauesten entsprechen –, der Aufzählung der neuen Initiativen der Ministerin – das dauert zirka fünf Sekunden, wie lange man eben braucht, um das Wort „Mentoring“ auszusprechen – und einer phi­losophischen Herangehensweise, für die ich mich entscheiden würde.

Es ist wirklich spannend, weil philosophisch nicht uninteressant: Kann jemand, der nichts macht, etwas falsch machen? Wie weit ist die Form des Untätigseins eine Form des Tuns? Gibt es überhaupt ein Nichttun? Kann daher jemand, der nichts tut, es schon falsch gemacht haben?

Politisch, glaube ich, lässt sich diese Frage jedenfalls eindeutig beantworten. Politisch ist es nämlich die Aufgabe einer Ministerin, zu gestalten, Verantwortung zu überneh­men und Dinge zu tun. Eine Ministerin, die nichts tut, ist daher eigentlich schon ge­scheitert. (Abg. Grillitsch: Wen meinen Sie?)

Wenn es mehrere Kandidaten und Kandidatinnen in der Regierung gäbe, würde ich Ihnen zustimmen. Da es gerade um die Frauenpolitik geht, meine ich in diesem Fall die Frauenministerin, die sich als Frauenministerin wahrlich nicht hervorgetan hat. Viel­leicht war sie so beschäftigt mit der Gesundheit, keine Ahnung, aber man sollte viel­leicht auch Ressorts übernehmen, die man vom Umfang her bewältigen kann.

Jedenfalls kann es nicht angehen, dass Österreich zwar eine Mehrheit der Bevölke­rung hat, die weiblich ist, aber eine Frauenministerin, die nicht zu ihrer Aufgabe kommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was die Sache noch verschlimmert, ist, dass trotzdem einige Trends erkennbar sind. Ich kann jetzt nur die Trends skizzieren, denn die Aufzählung aller Einzelfälle würde den Zeitrahmen weitaus sprengen. Aber wir haben erstens den Trend, nicht nur, aber auch im Frauenministerium: Wir holen alles zu uns ins Haus – Servicestelle bei uns, Hotline im Justizministerium, Bericht ohne NGOs. Wozu brauchen wir die Zivilgesell­schaft, die NGOs und diese ganzen kritischen Denkerinnen und Denker noch? – So viel zur Würdigung der Frauenberatungsstellen, deren Arbeit im Übrigen auch gerade einmal valorisiert – ist gleich Inflation abgegolten – wird, nicht aber um die dringend notwendigen Mittel aufgestockt wird.

Damit wären wir auch schon beim Trend Nummer zwei: Man sagt das eine und tut das andere. Man sagt, der Schutz vor Gewalt für Mädchen und Frauen ist uns ganz, ganz wichtig, soll verstärkt werden, die Interventionsstelle wurde soeben gelobt, man tut aber das andere. Die Wiener Interventionsstelle musste heuer schon einmal die Arbeit für mehrere Bezirke einstellen, weil schlicht und ergreifend kein Geld da war und die zuständigen Ministerien, also Innenministerium und Frauenministerium, gekürzt hatten oder nicht zusätzlich finanzierten.

 


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