Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 97

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Eine Beratungsstelle für sexuell missbrauchte Mädchen und junge Frauen, also nicht etwas, was Unsummen verschlingt, was eigentlich im Mainstream des politischen Diskurses der Ministerin wäre, hat schon im dritten Jahr keine Mittel mehr aus der Ge­sundheitsabteilung bekommen und gekürzte Mittel aus der Frauenabteilung Ihres Res­sorts, Frau Ministerin. Das ist für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Zu­mindest sexuell missbrauchten jungen Mädchen wird wohl dieser Staat die notwendige Unterstützung geben können, das wird man sich noch leisten können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

In den selben Trend passt auch hinein, dass Sie die moderne, eigenständige Frau pre­digen, die politische Gestaltung aber derart ist, dass man Frauen das soziale Netz und den Boden unter den Füßen wegzieht und die Bedingungen für die Eigenständigkeit von Frauen dramatisch verschärft. Die notwendigen Unterstützungen, die Eigenstän­digkeit braucht, gibt es nicht mehr. Das heißt, wir haben hier eine modernistische Rhetorik: Selbst ist die Frau, stark, modern, urban, braucht keinen Staat mehr!, und gleichzeitig eine Retropolitik, die aus Kinderbetreuungsgeld, Gratisfrauenarbeit in der Familie für Pflegeleistungen, Familienhospizkarenz und so weiter besteht und wo der Einstieg in die Eigenständigkeit, in den Arbeitsmarkt immer schwerer wird. Dass das Ganze dann den Frauen auch in der Pension dramatisch auf den Kopf fällt, reden Sie schön mit der privaten Pensionsvorsorge. – Das wäre der dritte Trend.

Wir sehen eine Privatisierung der Frauenpolitik, so wie wir es jetzt gerade auch bei der Gesundheitsreform erlebt haben: Die Verantwortung für mögliche neue Belastungen schiebt man jetzt bereits den einzelnen Augenärzten zu. Die sollen entscheiden, ob jemand zahlen muss oder nicht. Es ist in der Frauenpolitik um nichts anders. Die Ver­antwortung dafür, dass Frau nicht in Saus und Braus leben kann, liegt bei Frau allein, denn hätte sie es sich anders eingerichtet, anders geheiratet, was immer getan – was nachweislich nur einigen in einer gewissen Gehaltsklasse möglich ist, rein numerisch von den vorhandenen Männern her gesehen. Sie ist also selber schuld.

Dass man AMS-Maßnahmen in die Hand nehmen könnte, um die Frauenerwerbsquote tatsächlich zu stützen, um tatsächlich zu einer Reduktion der Einkommensschere bei­zutragen, fällt dieser Regierung leider nicht ein. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Insofern kann ich nur mit großem fast schon Amüsement erwarten, wie man denn mit 3,5 plus 2,5 Millionen € deutlich zur Reduktion und zur Schließung der Einkommens­schere beitragen wird, insbesondere wenn man nur mit der Reparaturmaßnahme der Schäden, die durch das Kinderbetreuungsgeld angerichtet worden sind, beschäftigt sein wird.

Wir haben durch die Kinderbetreuungsphase mit mangelndem Kündigungsschutz eine Verschärfung beim Wiedereinstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt, und das wird noch deutlich größere Probleme aufwerfen. Da können wir von der Erwerbsquote der Frauen und ihrem Anstieg nur träumen.

Vielleicht, Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler, sollten Sie sich einmal teilzeitberei­nigte Zahlen anschauen. Nehmen wir einmal die Erwerbsverhältnisse, wo Frau tat­sächlich, zumindest allein, vielleicht auch mit ihren Kindern, halbwegs gut davon leben kann, und dann schauen wir uns die Quote an. Rechnen Sie nicht immer jede gering­fügige Beschäftigung, die zehn Stunden umfasst, die bestenfalls der von Ihnen so heiß geliebte Zuverdienst ist, mit rein!

Letzte Anmerkung noch, da Ihr großartiger neuer Trend Gender Budgeting heißt. Ich habe schon bei der letzten Sitzung einige Bonmots aus den von Ihnen selbst zitierten Angaben, aus den von Ihnen selbst genannten Beispielen gebracht. Ich möchte es heute nur noch darum ergänzen, was das Innenministerium unter Gender Mainstrea-


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