Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 86. Sitzung / Seite 155

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Na ja, vielleicht liegt das Positive an dem Budget des Herrn Grasser bei der Arbeitslo­sigkeit. Dort haben wir aber ein weiteres Problem. Sie haben genau in derselben Re­de – übrigens nachzulesen im Protokoll der 115. Sitzung auf Seite 88 – ausgeführt, dass es überzeugend ist, dass wir den „zweitniedrigsten Wert“ bei der Arbeitslosigkeit haben. (Abg. Dr. Stummvoll: Haben Sie eine eigene Rede auch, Herr Kollege?) Aber den zweitniedrigsten Wert haben wir nicht mehr! Nach den jetzigen Revisionen liegen wir beim zirka sechsten Wert bei der Arbeitslosigkeit. Und es ist kein Wunder: Der Jah­resdurchschnitt der Zahl der Arbeitslosen ist gestiegen (Abg. Kößl: Im EU-Durchschnitt ...!), und zwar von 194 314 im Jahr 2000 auf bereits 240 079 im Jahr 2003. Ergebnis: katastrophal!

Aber vielleicht meint er, dass damals die Inflation günstiger gelegen ist. Er hat Recht: Auch da lagen wir besser!

Sie müssten doch eigentlich hier mit der Forderung herauskommen: Kehren wir zu Rudi Edlingers Budgetkurs zurück! – Aber nein, er verteidigt ein Budget, und wir wer­den es nachher vom besten Redner hier im Parlament wieder hören ... (Abg. Mag. Kogler: Jetzt ist er da!) Er ist da? (Der Redner wendet sich um und sieht, wie Bundesminister Mag. Grasser auf der Regierungsbank Platz nimmt.) – Bitte, wir haben den Herrn Finanzminister! Sie haben ihn kurzfristig gefunden, das ist erstaunlich.

Bei der Budgetpolitik ist es ja bei Ihnen etwas anders, Herr Bundesminister. Dort ist es so: Während jeder Finanzminister dieser Welt, wenn die Konjunktur nachlässt, dafür sorgt, dass durch Ausgabenwirksamkeit, durch eine kleine Erhöhung beim Defizit Im­pulse gesetzt werden, haben Sie 2001 das restriktivste Budget gemacht. Auf der Auto­bahn nennt man einen Autofahrer, der auf der Richtungsfahrbahn genau in der Gegen­richtung fährt, einen Geisterfahrer.

Jetzt hofft man immer, wenn eine budgetpolitische Geisterfahrt stattfindet, dass die Besinnung spätestens bei der Radiomeldung kommt und man umkehrt. Aber was macht der Finanzminister? – Er kehrt um, fährt jedoch auf die andere Richtungsfahr­bahn, er fährt quasi als doppelter budgetpolitischer Geisterfahrer in der Gegenrichtung zurück und lässt die Budgetdefizite in die steigende Konjunktur hinein ansteigen. Das hat die Zweite Republik noch nicht erlebt! Das, Herr Finanzminister Grasser, ist mit Sicherheit – egal, nach welcher wirtschaftspolitischen Prämisse – der falsche Weg, nämlich steigende Defizite statt Budgetkonsolidierung bei steigender Konjunktur. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Jetzt habe ich nur den Kollegen Stummvoll zitiert, aber ich könnte Ihnen auch wunder­bare Monologe des Präsidenten Khol zu den Budgets von Finanzminister Edlinger vor­legen. Ich lasse es weg, denn die damalige Beschuldigung der Opposition – das ist für Sie (in Richtung Freiheitliche) interessant – war lustig. Die FPÖ macht in der Oppositi­on einen Zickzackkurs in ihrer Kritik am Budget. (Abg. Bucher: Und ihr macht einen Parallelslalom!) Das ist interessant zu hören von einer Fraktion (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum schreien Sie eigentlich so?), die dasselbe Budget, das sie ein Jahr später als das Schlimmste bezeichnet, mit lobenden Worten erwähnt. (Abg. Dr. Stummvoll: ... nicht gesagt!) Das ist dann kein Zickzackkurs – der würde wenigstens in irgendeine Richtung führen –, sondern das ist: hin und zurück, immer das Gegenteil zur gleichen Sache gesprochen. – So viel zur „Ernsthaftigkeit“.

Jetzt aber zu den wirklichen Problemen des Kapitels Finanzen. Schaut man sich an, was die Ursache für das Defizit ist, erkennt man klar, dass wir ein einnahmenseitiges Problem haben, und zwar, dass diese Steuerreform natürlich zum falschen Zeitpunkt, viel zu spät, um in der Krise wirksam zu werden, und mit den falschen Adressaten wirkt. Ich empfehle jedem, der sich mit der Frage auseinander setzen will, wo die Steu-


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