Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 139

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lowschen Reflexen gesprochen –, ich aber zugleich in diversen Zeitungen lese, was Vertreter und Vertreterinnen beziehungsweise in diesem Fall Vertreter Ihrer Fraktionen sagen beziehungsweise der Bundeskanzler.

Der Herr Bundeskanzler sagt zum Thema Gesamtschule, das seien „eingefrorene Posthorntöne“ aus den sechziger Jahren. (Abg. Dr. Brinek: Der Herr Gusenbauer schickt sein Kind auch nicht in die Gesamtschule!) Also wenn das kein Reflex ist – und ich erspare mir jetzt die Beifügung –, dann weiß ich es nicht, wenn sich alle Experten und Expertinnen einig sind darüber, dass die Gesamtschule sehr wohl ein Ansatz sein kann, um unser System zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Landeshauptmann Pühringer spricht von „Gleichmacherei bei der Gesamtschule“, die wir uns ersparen sollen. – Er hat offenbar noch nie davon gehört, dass Gesamtschule nicht bedeutet, dass alle dasselbe machen, sondern dass dies eine gemeinsame Schu­le ist, in der eine hohe Ausdifferenzierung stattfindet, die wir in unserem – schon vom Schulsystem und von der Schulorganisation her – geteilten System überhaupt nie zu­stande bringen, und das ist genau der Wert der Gesamtschulen im Fall, dass sie wirk­lich gut funktionieren.

Sie mauern, bevor die Diskussion überhaupt begonnen hat. Sie machen komplett zu. Ein, zwei Tage hat es so ausgeschaut, als ob Ihnen die PISA-Studie zu denken geben würde, als ob Sie einmal anfangen würden, Ihre alten Modelle zumindest zu überden­ken. Sie von der ÖVP haben immerhin zum Beispiel in der Steiermark einige Leute, die durchaus in der Lage sind, hier differenziert zu argumentieren und auch Vorschläge zu machen. Zwei Tage, glaube ich, hat es gedauert. Dann war die Devise offensichtlich: Wir mauern und reden nicht mehr darüber, die Gesamtschule bewirkt den pawlow­schen Reflex, und über gewisse Themen darf überhaupt nicht mehr diskutiert werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Sie nennen das dann „Kuschelpädagogik“. Ich kann auch von „Prügelpädagogik“ oder von „Strafpädagogik“ reden. Man kann alles von je­der Seite diffamieren, aber das machen momentan Sie. Sie führen keine ernsthafte Debatte, sondern haben sofort und auf der Stelle zugemacht, um genau diese korrekte Analyse nicht durchführen zu müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist sehr gut zu sehen an Ihren zwei Anträgen. Den einen Antrag, den Sie einge­bracht haben, Frau Abgeordnete Brinek, der da heißt: „Reduktion der Zweidrittelmehr­heit“, finde ich wirklich nett. (Abg. Dr. Brinek: Ja?) Wo wollen Sie denn die Zweidrittel­mehrheit reduzieren? Zugleich ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ah, Sie wollen sie abschaffen? Das ist interessant! Ich glaube, die FPÖ hat nämlich den Antrag auch unterzeichnet. Da steht „Reduktion“, und ich habe einen gewissen Ver­dacht, was das heißt, wenn ich mir anhöre, was von der Regierungsbank oder auch von Ihnen kommt, nämlich: Die Schulorganisation darf nicht angetastet werden. Das passt ja wohl hier ganz genau zusammen!

Reduzieren wollen Sie sie offensichtlich in Materien, bei welchen es etwa darum geht, das Fach Leibeserziehung umzubenennen oder Ähnliches. Dafür wollen Sie die einfa­che Mehrheit. Die Schulorganisation hingegen wollen Sie weiterhin belassen, wie sie ist. (Abg. Amon: Gegenvorschlag!) Das heißt, Sie wollen überhaupt nicht einmal an­denken, dass es um eine Gesamtschule gehen könnte. – Das spiegelt sich in diesem Antrag wider, und diesem werden wir sicherlich nicht zustimmen. Unser Vorschlag ist nicht Reduzieren, sondern Abschaffen der Zweidrittelmehrheit, und dann schauen wir, was bei der Schulorganisation herauskommt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Ähnliches gilt für den zweiten Antrag: Das sind die klassischen populistischen Anträge. Sie knallen uns hier nach einer Debatte, bei der Sie alles zugemacht haben, einen An-


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