Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 197

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Wer nämlich wirklich nicht unmittelbar profitiert, das sind die Patientinnen und Patien­ten, weil der gut Teil dieser 300 Millionen €, die im Finanzausgleich gewonnen werden sollen und von welchen die Hälfte den Ländern und Gemeinden zugute kommt, von Patientinnen und Patienten finanziert wird, nämlich knapp über 70 Prozent, sofern ich das richtig ausgerechnet habe. Das ist schon relativ viel Geld.

Wenn Sie nur ganz kurz in die Präambel der 15a-Vereinbarungen hineinschauen, da können Sie dort etwas ganz Lustiges lesen. Es ist vielleicht ein redaktioneller Fehler. Da steht – ich zitiere –: Eine hochstehende medizinische Versorgung für alle Bürgerin­nen und bürgerunabhängig ist vorrangiges Ziel dieses Paketes.

„Bürgerunabhängig“ ist ein Wort! Gesundheitsleistungen „bürgerunabhängig“ an Frau und Mann zu bringen ist, finde ich, wirklich eine „spannende“, neue Vision der nachhal­tigen Gesundheitspolitik!

Jetzt kommen aber die Parlamentarier sehr stark in Zugzwang. Wenn sie vor vollende­te Tatsachen dieses Paktes gestellt werden, was sollen sie dann tun? Es ist entweder eine Double-bind-Situation oder, wenn Sie es hören wollen, auch eine Doppelmühle. Ihre Parteikollegen haben dort ja oder nein gesagt. Wie verhalten sich die anderen ParteikollegInnen jetzt hier? Wir haben es ja vorexerziert bekommen.

Das finde ich unfair, denn was bleibt wirklich abseits? – Es ist der Parlamentarismus, der da nicht mehr viel zu melden hat, außer, einen freundlichen Diener zu machen und zu sagen: Danke, das war’s!

Ohne dass ich mir jetzt sehr viel darauf einbilde, Abgeordneter zu sein – man braucht sich darauf auch nicht so viel einzubilden –, finde ich es nicht gut, wenn wir uns damit abfinden, und da bitte ich, einmal darüber nachzudenken.

Was Karl-Heinz Grasser als Bundesminister zur Gesundheit sagt, das ist durchaus zutreffend, allerdings überhaupt nicht neu, und ich hätte schon ganz gerne eine Erklä­rung, wie gut dieser Pakt wirklich ist, wenn der Kompetenzbereich der Länder – und das sind die Krankenanstalten – jetzt vom Bund quersubventioniert wird.

Die Länder haben die Kompetenz über diesen Bereich und auch die Kompetenz zur Verantwortung für diese Defizite, und sie bekommen jetzt gleichzeitig Geld, wo es heißt, dass es anderswo eingespart werden muss. Ich nehme nicht an, dass Sie das den Ländern wieder wegnehmen werden, sondern jemand anderem, und da braucht man nicht viel Phantasie zu haben, um zu wissen, wer das sein wird. Das werden dann vielleicht wirklich die Gemeinden sein, die wahrscheinlich in diesem Spiel überhaupt zu kurz kommen.

Wenn Patientinnen und Patienten mit 210 Millionen € belastet werden und das mit der Gesundheitsreform verquickt wird, dann gerät einiges aus dem Ruder, und ich frage mich – denn es sind alle Kranken betroffen –, warum man nicht die Idee einer weiteren Öffnung der Höchstbeitragsgrenze nach oben ins Auge gefasst hat, weil nur die ... (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Das nicht! Das ist eine ganz einfache Frage. Davon wären zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, und zwar die wohlhabendsten zehn Prozent, deren Beiträge bei Einkommen über 3 450 € letztlich de facto prozentuell an ihren Löhnen und Gehältern abnehmen. Da kann man einiges herausholen und einiges ins Gesundheitssystem stecken, ohne dass sozusagen Kranke wiederum bestraft wer­den.

Ich halte leider die Frau Bundesministerin Rauch-Kallat für eine der VerliererInnen – ich bleibe im Plural – der Verhandlungen, denn sie hat nur wenig gewinnen können, und das ist relativ vage und noch unverbindlich geblieben. Einige Ziele der Gesund­heitsreform, die vorher noch Gegenstand von Diskussionen mit uns und anderen wa­ren, sind zunehmend in der Debatte verwässert oder nahezu aus den Augen verloren


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