Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 42

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rung dazurechnen 2,3 Prozent. Das ist nicht irrrelevant, da geht es um Milliarden Euro. Das Bundesdefizit ist um 1,3 Milliarden € höher als das gesamtstaatliche Defizit; das liegt an den Überschüssen der Länder und Gemeinden. Aber wir debattieren hier nicht die Überschüsse der Länder und Gemeinden, da hat der Bund auch nichts mit­zureden – unser Thema ist der Bund und sonst nichts! (Abg. Scheibner: Den Finanz­ausgleich gibt es schon! Woher kommt denn das Geld der Länder?)

In einigen Punkten war die Budgetrede schon auch interessant, nämlich vor allem dort, wo sich der Finanzminister – und das ist sein gutes Recht – nicht an seinen Text ge­halten hat. „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Diebstahl an der Allge­meinheit.“ – Ja, das steht in der schriftlichen Budgetrede (Abg. Großruck: Das haben wir gestern schon gehört! – Abg. Mag. Kogler: Wir haben es eben nicht gehört!), der Herr Finanzminister hat es jedoch nicht für richtig gehalten, diese Worte zu wieder­holen. Das ist sein gutes Recht – auf dem Vorblatt steht ja auch immer: „Es gilt das gesprochene Wort!“ Also gelten diese zwei Sätze nicht, denn er hat sie ja nicht gesprochen. Schade! Sehr schade, Herr Finanzminister Grasser!

Wir wollen jetzt nicht darüber spekulieren, ob das heißt – da das ja nicht gilt –, dass Steuerhinterziehung eben doch ein Kavaliersdelikt ist und kein Diebstahl an der Allgemeinheit – im Zweifel wollten Sie sich nur vor dem demonstrativen Beifall der Oppositionsfraktionen schützen. Mit diesem Verdacht hatten Sie natürlich Recht, die­sen zwei Sätzen hätten wir gerne zugestimmt. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn über­nimmt den Vorsitz.)

Aber, Herr Finanzminister – ich widerstehe jetzt der Versuchung, auf die Steuerpflicht, auf Fragen der Steuerhinterziehung, auf die staatsanwaltschaftliche Prüfung dieser Angelegenheit einzugehen; die Versuchung ist groß, aber ich widerstehe –, ich sage Ihnen ganz grundsätzlich zum Hintergrund auch Ihrer Weigerung, diese zwei Sätze zu wiederholen: Ein Finanzminister der Republik Österreich hat keine Spenden, Ge­schenke, Zahlungen – welcher Art auch immer – von einer Interessenvertretung anzunehmen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie nicht und auch kein anderer Minister der Bundesregierung! Auch kein Verein, der aus Ihren engsten Mitarbeitern besteht, hat eine Zahlung, ein Geschenk einer Inter­essenvertretung anzunehmen! (Abg. Dr. Fasslabend: Ein alter Hut ist das jetzt schon!) – Das ist ein alter Hut? – Das ist eine interessante Formulierung vom Herrn Kollegen von der ÖVP! (Abg. Dr. Fasslabend: Immer das Gleiche!)

Ein Finanzminister hat meiner Meinung nach auch für Vorträge von Banken, die sein Haus beaufsichtigt, keine Vortragshonorare zu nehmen, Herr Kollege von der ÖVP. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein Finanzminister hat sich – auch wenn es hier um sehr kleine Beträge geht, gemessen am Gehalt des Finanzministers – auch kein Flugticket von einer staatlichen Fluglinie schenken zu lassen, Herr Kollege von der ÖVP. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Um diese Dinge geht es! Und der Grat, den der Finanzminister hier geht, ist seit Jahren sehr schmal. (Abg. Mag. Molterer: Haben Sie das Not?) Und meines Erachtens fängt politische Korruption, Herr Kollege Molterer, nicht erst dort an, wo ein Staatsanwalt Grund sieht, aus der Sicht des Strafrechts tätig zu werden, sondern viel, viel früher. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das Strafrecht steht aber schon noch im Gesetzbuch, oder geht das nach Gutdünken?)

Für dieses Problem, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien – ganz abgesehen von den steuerrechtlichen Fragen –, hat Karl-Heinz Grasser nie das geringste Verständnis gezeigt.

 


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