Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 43

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Im Übrigen rate ich jedem Steuerpflichtigen, der nicht Finanzminister ist, sich diese Konstruktion mit dem Verein, den Spenden und so weiter ja nicht zum Vorbild zu nehmen, ja nicht analoge Konstruktionen zu wählen, denn sonst sind Sie bei der Steuerprüfung durch das Finanzamt garantiert dran. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn wir schon bei den Steuern sind – weil es eben ein schönes Beispiel für Unfug und Unwahrheit ist –, nehmen wir Zitate zur Steuerreform, die am 1. Jänner 2005 in Kraft getreten ist.

Durch Wiederholung wird das auch nicht wahrer, nämlich: „Das bringt jedem österreichischen Haushalt mehr an Kaufkraft.“ – Herr Finanzminister! Sie wissen ganz genau, dass rund 2 Millionen Steuerpflichtige von dieser Steuersenkung nichts haben oder hatten, weil ihr Einkommen so gering ist, dass sie auch vorher schon keine Lohn­steuer und Einkommensteuer zu zahlen hatten. Das kann also nicht jedem österreichischen Haushalt mehr Kaufkraft bringen.

Und dann wird es echt lustig, denn dann sagen Sie, Herr Finanzminister Grasser: „Damit werden den österreichischen Steuerzahlern elf Tage mehr an Freiheit ge­schenkt.“ – Ich zum Beispiel bin solch ein österreichischer Steuerzahler. Ich habe meinen Kalender heute in der Früh akribisch überprüft und die elf Tage Freiheit, die mir die Republik oder der Herr Finanzminister persönlich geschenkt haben soll, nicht gefunden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Wähler wird es Ihnen schenken!)

Abgesehen davon – das gilt für alle Mitglieder der Bundesregierung, aber insbeson­dere für den Herrn Finanzminister –: Von Ihnen lasse ich mir nichts schenken! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und zweitens: Selbst dann, wenn ich auf diesen Grundsatz vergessen sollte, würde ich, wenn Sie mir schon etwas schenken, ganz bestimmt dafür Schenkungssteuer zahlen – im Gegensatz zu bestimmten Mitgliedern dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Aber jetzt zu einer wichtigen Zukunftsfrage: Die Bundesregierung kürzt im Bereich eines der wichtigsten Zukunftsbudgets die Ausgaben, statt auf die Erfordernisse des Tages zu reagieren. Das verstehen Sie unter Zukunftsarbeit!

Meine Damen und Herren! Dass im Pflichtschullehrer-Budget – das betrifft in erster Linie die Volksschulen in Österreich, die Volksschulen und Hauptschulen – die Aus­gaben um 30 Millionen € zurückgehen – schon berücksichtigt die 12 Millionen plus im Finanzausgleich, minus 30 Millionen € –, das ist im Vergleich zum Gesamtbudget natürlich nicht viel, aber hier geht es über den Daumen gepeilt um rund 1 000 – plus/minus 100, sagen wir: rund 1 000 – Dienstposten für Pflichtschullehrer und Pflicht­schullehrerinnen. Und das machen Sie angesichts der Ergebnisse der PISA-Studie?

Noch einmal: Warum stößt mir und warum stößt den Grünen – ich glaube, auch den Sozialdemokraten – so sauer auf, was hier in einem relativ kleinen Budgetbereich passiert? Warum kriegst man – auf gut Deutsch – „an echten Zurn“? – Das war jetzt nicht Tirolerisch, sondern Wienerisch, aber es stimmt trotzdem.

Was war laut PISA-Studie – die ist ja zum Lesen erhältlich –, in der Kurzfassung, Executive Summary – man muss nicht Hunderte von Seiten studieren –, eines der bedrückendsten Ergebnisse? – Dass rund ein Fünftel der 15-Jährigen in Österreich unzureichende Lesekenntnisse hat, dass sie nicht sinnverstehend lesen können. In absoluten Zahlen sind das rund 18 000 Schüler und Schülerinnen pro Jahr – pro Jahr!

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite