Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 174

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Ich glaube, dass man ein Jahr nach dem Bundestierschutzgesetz schon einmal einen kritischen Blick darauf werfen kann, wie denn Ihre Tätigkeit, Frau Ministerin, und die Budgetausgestaltung in diesem Bereich ausschauen, wo wir nach dem Erfolg von vor einem Jahr stehen.

Die Realität ist, wie meistens, dann nicht ganz so berauschend wie das, was vorher versprochen worden ist. Wir haben schon einige Bereiche gesehen, Frau Ministerin, wo Sie über Ihre Verordnungen, die jetzt im Tierschutzbereich zu erlassen sind, ver­suchen auszuhöhlen, was wir vorher als gemeinsamen Konsens erarbeitet und als gemeinsam beschlossenes Gesetz verankert haben.

Wie Sie dazu kommen, ist mir schleierhaft, Frau Ministerin, aber ich kann Ihnen kon­krete Beispiele nennen. Ich bringe nur eines oder zwei aus dem fachlicheren Bereich, damit Sie konkret wissen, was ich meinen könnte. Sie haben zum Beispiel bei der Käfighaltung von Legehennen versucht, die Übergangsfrist durch den Einstallungs­termin deutlich zu verlängern beziehungsweise Zuchttiere sowieso von der strengeren gleich eintretenden Regelung auszunehmen.

Sie haben es zum Beispiel bis heute – und heute haben wir den 5. April – verabsäumt, eine mit dem 1. Jänner fällige Verordnung zur Zertifizierung von Stallsystemen zu erlas­sen. Das wäre einmal etwas, was sogar im Interesse Ihrer hauptsächlichen Klientel, der Landwirte, wäre. Die brauchen ja genauso ihre Sicherheit, welche Stall­systeme okay sein sollen. Das war ganz klar einer der Punkte, die alle Beteiligten auch tatsächlich haben wollten. – Frau Ministerin, was ist mit der Verordnung? Wo ist die?

Das, was Sie dafür machen, ist, in einem anderen Bereich glatt gegen Tierschutz­inter­essen vorzugehen, wenn man Sie lässt. Es gibt im Gesetz Regelungen, aus denen ganz klipp und klar hervorgeht – und auch aus der Verordnung, aus dem Entwurf geht das hervor –, dass der Singvogelfang, wie er in Oberösterreich, im Salzkammergut nach wie vor praktiziert wird, Tierquälerei ist und daher in Österreich seit dem 1. Jänner nicht mehr zulässig sein kann.

Frau Ministerin, ich höre jetzt – und ich darf Ihnen diesbezüglich auch aus einem Schreiben des oberösterreichischen Landeshauptmannes an Sie zitieren –, dass es offensichtlich Bestrebungen gibt, diese Verordnung wieder auszuhebeln und die Tierquälerei Singvogelfang wieder zuzulassen.

Landeshauptmann Pühringer hat Ihnen am 25. Februar 2005 Folgendes geschrieben (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Ellmauer) – sind hier lauter Salzkam­mergut-Brauchtumspfleger oder sind Tierschützer auch hier? –:

„Dazu darf ich Sie dahingehend informieren, dass mir die Information vorliegt, dass die derzeitige Formulierung in § 2 Abs. 2 Verordnung zum Bundestierschutzgesetz aller Voraussicht nach dahingehend korrigiert wird, dass die Intention des Verordnungs­erlasses zur gesetzlich vorgeschriebenen Kontrolle von Veranstaltungen dahingehend normiert wird, ohne die regional typische Tradition im Salzkammergut in Frage zu stellen.“

Dieser Satz ist nicht nur sprachlich ein komplettes Unding. Den müsste man allein wegen mangelhafter Deutschkenntnisse schon zurückweisen, aber wenn man ihn aus­deutscht, heißt das: Liebe Frau Ministerin! Wir haben da ein Problem. Ändern Sie bitte gefälligst die Verordnung noch einmal ab! Lassen Sie den Singvogelfang in Österreich wieder zu!

Wir werden sehr genau zuschauen, Frau Ministerin, ob Sie diese Verordnung tat­säch­lich abändern oder ob es bei dem bleibt, was wir im Gesetz ausgemacht haben: dass schweres Leiden, Angst und Einschränkung der Bewegungsfreiheit, zu der es kommt, bei Wildtieren jedenfalls Tierquälerei sind. (Beifall bei den Grünen.)

 


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