Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 182

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Frau Bundesminister Plassnik, an Ihnen kann es nicht liegen, denn ich habe schon im Ausschuss gesagt, dass wir es sehr begrüßen, dass Sie wirklich bemüht sind, alle Fraktionen einzubinden, die entsprechenden Informationen zu geben und auch zu versuchen, einen gemeinsamen Konsens in wichtigen Fragen zu erreichen. – Wir sind jedenfalls bereit, diesen Konsens mit zu tragen.

Ich glaube, dass gerade einige Monate vor der EU-Präsidentschaft Österreichs ... (Abg. Mag. Gaßner: Es bleibt uns nichts anderes übrig!) – Es bleibt uns nichts anderes übrig, aber man sollte das nicht so sehen, Herr Kollege, sondern man sollte sich eigentlich darauf freuen und diese Herausforderung ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.) – Ich habe gerade den Abgeordneten Gaßner zitiert und möchte darauf replizieren, dass man sich eigentlich darauf freuen sollte, welche Möglichkeiten und Chancen für die österreichische Außenpolitik innerhalb der Europäischen Union be­ste­hen, gerade auch in diesem schwierigen Jahr Profil zu zeigen. (Abg. Mag. Luna­cek: Die EU-kritische Haltung ...!)

Selbstverständlich ist das notwendig, Frau Kollegin Lunacek, nämlich gerade dann, wenn einem das Projekt eines gemeinsamen, eines geeinten, eines friedlichen Europa am Herzen liegt, einem das ein Anliegen ist: Dann muss man auch kritisch eingestellt sein gegenüber aktuellen Projekten innerhalb der Europäischen Union. Unkritisch alles zu befürworten, alle Institutionen, alle Entscheidungen der Europäischen Union, das ist nicht im Sinne dieses Projekts; da werden Sie mir sicherlich Recht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben jetzt die europäische Verfassung, die wir hier im Parlament diskutieren werden. Leider gibt es hiezu keine europäische Volksabstimmung, und auch da sollte es eine Initiative – möglicherweise auch der österreichischen Außenpolitik in der Euro­päischen Union – zur Demokratisierung der Europäischen Union geben, denn wie oft wird darüber geklagt, dass es eine Kluft zwischen den Institutionen der EU und der Bevölkerung gibt!

Das ist ja auch kein Wunder, weil man wirklich oft das Gefühl hat, dass zwar alle Mög­lichen wissen, was gut für die Menschen ist, es jedoch verabsäumt wird, auch Unter­stützung für diese Projekte und das angeblich so Gute zu suchen. Dann fürchten sich manche natürlich vor Abstimmungen. Man rechnet ja heute schon damit, dass es zumindest in zwei oder drei EU-Ländern negative Volksabstimmungen zu dieser euro­päischen Verfassung geben wird.

Wie immer man zu dieser Verfassung steht, muss man sagen: Da gibt es viele gute Bereiche, natürlich einen Konsens zwischen vielen Ländern, aber auch Dinge, die wir gerne anders gehabt hätten, aber trotzdem ist es in der Europäischen Union mit 25 Ländern notwendig, dass es eine gemeinsame Verfassung gibt.

Meine Damen und Herren, Frau Außenministerin, wir sollten uns jetzt schon überlegen, was denn der österreichische Vorschlag ist, wenn die eine oder andere nationale Abstimmung für die europäische Verfassung negativ ausgeht. Würde das heißen, das kommt dann nicht, dann gilt nach wie vor der Vertrag von Nizza? – Ich glaube, das kann nicht die Lösung für das künftige Europa sein, sondern dann wird man sich vielleicht überlegen müssen, ob man nicht doch den Weg in Richtung Einsetzung einer europäischen Volksabstimmung für ein derartiges Verfassungsprojekt gehen sollte.

Zweiter Punkt: die EU-Erweiterung. Die Europäische Union hat auf der einen Seite be­schlossen, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu führen. Auf der anderen Seite wurden die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ausgesetzt, und zwar deshalb, weil Kroatien angeblich zu wenig kooperativ bei der Verfolgung eines Kriegsverbrechers ist. Das ist sicherlich ein massiver Vorwurf, aber wenn ich mir ansehe, welche permanen­ten Menschenrechtsverletzungen – nicht in einem Fall, nicht in zehn Fällen, nicht in


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