Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 107

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14.44.01

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Die Kameras sind weg, das sollte uns nicht daran hindern, Augen­merk auf die Selbstbeweihräucherung der letzten Tage hinsichtlich der Stellung der Republik, insbesondere im Lichte der langfristigen Entwicklung im Bereich der Fiskal-, Budget- und Wirtschaftspolitik zu legen. Ich bringe sozusagen eine etwas umfang­reichere Berichtigung.

Wir haben natürlich den Vorteil, dass wir mit Datum 16. März eine neue Frühjahrs­pro­gnose der Europäischen Kommission vorliegen haben. Im statistischen Anhang findet man eine langfristige Zusammenstellung der Kommission darüber, wie sich die Länder entwickelt haben. Das ist also so etwas wie ein Schulzeugnis für unser Land.

Fangen wir an: Es gibt interessante Tabellen. Die Kategorie Bevölkerungswachstum und Kinder lasse ich weg; Kollegin Rosenkranz wird zwar traurig sein, weil ihr die Kinderanzahl ein Anliegen ist, aber die Politik kann wohl wenig machen, was die Zeugungsfähigkeit und -willigkeit betrifft. (Abg. Dr. Bleckmann: Da geht es doch nicht um Zeugungsfähigkeit!) Wofür die Politik aber verantwortlich ist, ist die Frage, ob die Rahmenbedingungen für die Frauen stimmen. Und diesen Nachsatz erlauben Sie mir, Frau Kollegin! Wenn wir wollen, dass die Familien kinderreicher sind, dann werden wir uns bei der Kinderbetreuung mit jenen Ländern zu messen haben, die für eine flächen­deckend gute und bessere Kinderbetreuung sorgen. Wenn die Situation in den Bun­desländern so ist wie in Wien, dann wird es insgesamt auch in Österreich besser werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Herr Kollege, ich habe nicht gewusst, dass Sie sich ...! Das wissen Sie auch!)

Aber bleiben wir bei den ökonomischen Fakten. Bezüglich Arbeitslosenrate, Frau Kolle­gin – das ist gleich etwas für die ÖVP –, war es nämlich so, dass Österreich in der Zeit von 1971 bis 1980 – Sie können das auf Seite 38 des statistischen Anhangs der Früh­jahrs­prognose nachlesen – eine durchschnittliche Arbeitslosenrate in der Höhe von 1,4 Prozent hatte, die EU-12, unser Benchmark, hatten 3,8 Prozent. In der Zeit von 1981 bis 1990 hatte Österreich nur 2,9 Prozent, die EU-12 hatten 8,4 Prozent. In der Zeit von 1991 bis 2000 hatte Österreich 3,9 Prozent, die EU-12, Eurozone, hatten 9,6 Pro­zent. Wir waren also immer weit unter der Hälfte.

Ihre eigenen Zahlen, seit Sie mit der BZÖ/FPÖ oder wie auch immer in der Regierung sind, lese ich Ihnen ungern vor, weil sich dahinter Zehntausende Schicksale verbergen: Wir haben mittlerweile eine Arbeitslosenrate – letzter Stand: Jahr 2004 – in der Höhe von 4,5 Prozent und sind damit schon deutlich höher als der halbe Benchmark, nämlich 8,8 Prozent der EU-12. Warum? – Eine Fülle von Ländern haben in der gleichen Zeit ihre Arbeitslosigkeit reduziert, wir aber hatten einen sehr drastischen Anstieg, nämlich von 3,6 Prozent im Jahr 2001 auf mittlerweile 4,5 Prozent. Bezüglich der Entwicklung der Arbeitslosigkeit sind wir damit, meine Damen und Herren, unter den Schlechtesten in der Europäischen Union.

Aber kommen wir jetzt zum zweiten wichtigen Referenzwert: das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Ich habe mir bewusst eine Tabelle zu Kaufkraftstandards herausgesucht, also zu jenem Äquivalent, um das man in jedem Land gleich viel kaufen kann. Das ist hoch interessant: Sie finden auf Seite 50 eine Referenztabelle, bei der der Referenz­wert der EU-15, also Westeuropa – wir lassen die neuen Beitrittsländer weg –, immer 100 ist. So kann man vergleichen, wie sich Österreich zum Benchmark EU-15 ent­wickelt hat.

Während der ÖVP-Alleinregierung betrug er im Jahr 1960 99,4 und 1965 96,6. (Abg. Dr. Mitterlehner: Zwischen 1966 und 1970 war die SPÖ dabei!) – Moment! Zwischen den Jahren 1970 und 1980, Herr Kollege (Abg. Dr. Mitterlehner: Da haben Sie jetzt


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