Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 57

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gewesen ist. Diese Namen stehen stellvertretend für viele, die an einer gemeinsamen Lösung interessiert gewesen sind.

Es hat natürlich auch Kritik gegeben, und es gibt diese Kritik auch heute noch. Was heißt, dass unsere Sekundarschulen angemessen differenzieren sollen? – Kollege Brosz, du begibst dich hier auf juristisches Glatteis, würde ich sagen, wenn du fragst: Was ist jetzt mit dem Porsche und dem Lada, den ich bekomme, was ist angemessen?

Im ABGB aus dem Jahre 1811 findet sich genau dafür eine Bestimmung: „Ist im Ver­trag kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein ange­messenes Entgelt als bedungen.“

Seit 1811 leben unsere Gerichte sehr gut mit dieser Bestimmung und wissen das zu interpretieren und stellen sich nicht so naiv an wie Sie bei Ihrem Beispiel. (Demonstrati­ver Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Angemessen, frage ich, wofür? – Angemessen kann sich ja nur auf das Kind beziehen. Angemessen kann sich ja nur auf die Schüler beziehen, denn keinen anderen Zweck hat die österreichische Schule. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Und unser Schulsystem differenziert in vielfältiger Weise: Hauptschulen, Sonderschulen, Gymnasien, viele For­men von Gymnasien, innere Differenzierungen in Leistungsgruppen, x verschiedene Formen berufsbildender, mittlerer und höherer Schulen. Also wir haben eine Form der Differenzierung, die mehr als ausgeprägt ist. Und niemand hier in diesem Saal wird ernsthaft behaupten können, dass genau diese vielfältige Differenzierung das ist, was für alle Zeiten festgeschrieben werden muss oder was heute für alle Zeiten festge­schrieben würde. Immer braucht das die Veränderung. Und Sie werden bei den poly­technischen Schulreformen schon die nächste Veränderung brauchen. Und „angemes­sen“ wird der Gesetzgeber künftig mit einfacher Mehrheit zu definieren haben nach den Richtlinien, die in der Zielbestimmung drinnen stehen.

Von den vielen Verfassungsrechtlern möchte ich Professor Raschauer zitieren. Er hat gemeint: „Verfassungsrechtlich bin ich unglücklich damit, politisch ist das glaube ich ein ganz vernünftiger Kompromiss“. – Und wir stehen zu diesem Kompromiss, und ich halte gar nichts davon, wenn wir diesen Kompromiss durch weitere Streitereien gerin­ger machen, als er ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was war das in erster Linie? – Es hat doch geheißen, Bahn frei für Schulreformen. Und so sieht es auch Professor Haider, der österreichische PISA-Koordinator. Er sagt: „Der Kompromiss ist ein wichtiges Signal, dass es allen ernst ist mit den Reformen“.

Und weiters: „Dass für fünf Punkte die Zweidrittelmehrheit als Hürde beibehalten wird ..., sei für die vorgeschlagenen Reformen nicht wichtig.“

Was können unsere Schülerinnen und Schüler in Zukunft erwarten, wenn dieser Spiel­raum genützt wird? – Das gemeinsame Ziel muss ja sein, zunächst einmal diese 20 Prozent, die nach der letzten PISA-Studie ungenügende Kenntnisse haben, auf 10 Prozent oder darunter zu reduzieren. Wir sind dann immer noch nicht bei den besten PISA-Ländern, aber wir sind dann nahe dran.

Der Weg beginnt früh, bei der Frühförderung, im Kindergarten, wo die Defizite am ehesten, am schnellsten und am wirkungsvollsten beseitigt werden können. Was den Ausbau ganztägiger Schulformen betrifft, sollten wir uns nicht – und wir bemühen uns auch – auf eine einzige Form festlegen. Es ist die verschränkte Form pädagogisch die wichtigere, die bessere Form, und es ist auch gut, wenn die getrennte Form ausgebaut wird. Pädagogisch stehen wir aber zu diesem Modell einer gemeinsamen und einer verschränkten Schule.

 


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