Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 70

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

hineingeschrieben hat, die man nur mit Zweidrittelmehrheit ändern kann, um sich ge­genseitig zu kontrollieren und einander keinen Bewegungsspielraum zu ermöglichen.

Und so war auch die Schulpolitik. Das hat jahrzehntelang funktioniert, hat sich aber in den letzten zehn, 15 Jahren als absolut überholt herausgestellt, ist auch absolut re­formbedürftig und darf auch so nicht mehr weitergehen.

Wir haben jetzt 18 Monate lang im so genannten Österreich-Konvent über solche Ver­fassungsfragen diskutiert, und es ist nichts herausgekommen dabei. Es war nicht mög­lich, in diesem Haus eine Mehrheit für Reformen zu finden, eine neue Verfassung, in der solche Fragen nicht mehr Blockademehrheiten unterliegen, zu erarbeiten. Für die Schulpolitik gibt es jetzt zwar eine kleine Abschaffung, aber gleichzeitig auch wieder eine Einführung. Das ist der völlig falsche Weg, und ich finde es erschreckend, dass die Politik, SPÖ und ÖVP – das BZÖ erwähne ich nicht, weil die nicht einmal bei den Verhandlungen dabei waren, die sind dann zum Schluss irgendwie informiert worden – in einer so wichtigen Frage nicht fähig sind, eine politische Entscheidung zu treffen, sondern diese Entscheidung an den Verfassungsgerichtshof delegieren, sodass es Jahre dauern wird, bis wieder klare Richtlinien für die Schule, für die Schulpolitik vorlie­gen werden. Ich finde das verantwortungslos! (Beifall bei den Grünen.)

Die Verfassung wird damit zur Schutthalde für ungelöste politische Fragen und für un­gelöste politische Probleme, wie sie es über viele Jahrzehnte hinweg war, vom Benzin­preis in der Verfassung, von der Taxikonzession in der Verfassung bis hin zu einem Schulgesetz in der Verfassung, das dort absolut nichts verloren hat. Ich frage Sie noch einmal: Was unterscheidet die Schulpolitik von den Universitäten? Gar nichts! Das ist reine politische Blockadepolitik von ÖVP und SPÖ.

Die Verfassungsrechtler haben das Ergebnis zerfetzt. Sie wissen das. Es ist so formu­liert, dass man alles hineininterpretieren kann, dass es absolut unklar bleibt. Professor Funk sagt: völlig offen. Professor Raschauer sagt: Der Verfassungsgerichtshof muss jetzt Klarheit schaffen. Professor Funk spricht von einem erbarmungswürdigen Rest, der in einer Verfassung nichts zu suchen hat. Heinz Mayer sagt: Das sagt überhaupt nichts aus. Das ist so unbestimmt, dass man beinahe jede Meinung vertreten kann. Zu einer solchen Vorgangsweise bleibt nur zu sagen, dass man der österreichischen Bevölkerung etwas anderes schuldig wäre. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man schon Verfassungsmehrheiten festlegt, dann sollte man tatsächlich poli­tische Entscheidungen treffen und sich nicht hinter einem Wortkompromiss verstecken und das dann an den Verfassungsgerichtshof delegieren. Es wird Jahre dauern, bis hier eine Klärung herbeigeführt sein wird.

Zur Schulpolitik noch zwei, drei Anmerkungen: Der Sportstaatssekretär hat sich heute hingestellt und davon gesprochen, wie wichtig sportliche Erziehung ist und dass das vor allem für Kinder, die bereits im jugendlichen Alter unter Bewegungsmangel leiden, extrem wichtig ist. Ich frage mich, wie das alles mit der Schulpolitik der letzten fünf Jahre und mit den letzten Budgets zusammenpasst. Das hervorstechendste Merkmal Ihrer Schulpolitik war kürzen, kürzen in allen Bereichen und ohne Rücksicht. Und gerade Bereiche, die gesellschaftlich so wichtig sind wie der musische Bereich, die Leibesübungen und alles, was im freien Bereich geschieht, sind radikal gekürzt wor­den. Das ist ein echter Raub an der Zukunft der jungen Menschen und Kinder! (Beifall bei den Grünen.)

Dann kam die PISA-Studie, und bis zum heutigen Tag warten wir auf irgendwelche Vorschläge. Frau Ministerin! Sie sind heute von Ihrem Bildungssprecher so gelobt wor­den. Was haben Sie getan, um den jungen Menschen ihre Zukunft zurückzugeben? 20 bis 25 Prozent der 15-Jährigen können nicht Sinn erfassend lesen. Das sind die Men­schen, die Sie in die Arbeitslosigkeit schicken, die Menschen, die nicht nur am Arbeits-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite