Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 69

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Dafür bietet, wie ich meine, diese Vorlage jetzt durchaus eine taugliche Regelung. Im großstädtischen Bereich, meine Damen und Herren, und gerade auch in Wien, kann ich mir keine Form der Gesamtschule oder der gemeinsamen Schule als einzig mögliche Schulform vorstellen. Das wäre sicherlich gerade vor dem Hintergrund, vor dem wir hier stehen, nicht adäquat und vor allem auch nicht leistungsfördernd. (Abg. Mag. Gaßner: Was unterscheidet denn in diesem Bereich eine Großstadt vom länd­lichen Raum?)

Du, lieber Freund, bist in Oberösterreich. Dort gibt es eine andere Situation. Orga­nisiere dir dort deine Schulen! In Wien ist eine andere Situation, leider eine andere Situation, aber genau diese Berücksichtigung der Unterschiede sollte auch in Zukunft gewährleistet sein: Flexibilität, Differenzierung, Wahlmöglichkeit für Eltern und Schüler.

Was mir nicht gefällt an diesem Kompromiss: Der Herr Kardinal ist ehrenwert und alles ist in Ordnung. Dass es aber eine Achse zwischen Sozialdemokratie und katholischer Kirche geben muss, um eine Regierungsvorlage zu verhandeln, das verstehe auch ich nicht. (Abg. Dr. Niederwieser: Das hättet ihr auch nicht zusammengebracht!)

Ich hoffe, das ist kein Beispiel für die Zukunft! Wir sollten die Gesetze hier im Parla­ment diskutieren und auch beschließen.

Mir hätte es besser gefallen, wenn wir den Grundsatz, den wir im Verfassungskonvent erreicht haben, nämlich keine Verfassungsbestimmungen in einfachgesetzlichen Mate­rien vorzusehen, auch hier umgesetzt hätten. Leider gab es jedoch im Verfassungs­konvent keinen Konsens, und deshalb ist das jetzt einmal eine Krücke bis dorthin. Ich hoffe, wir schaffen es noch einmal zu sagen: Verfassung ist die österreichische Bun­desverfassung, die eine Zweidrittelmehrheit erfordert. Alles andere – auch der Schul­bereich – wird einfachgesetzlich geregelt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Jedenfalls ist wichtig: Die Schule darf kein Spielball sein, weder für irgendeine poli­tische Partei noch für eine Religionsgemeinschaft, sondern sie soll die Bildungsstätte für die Zukunft unserer Jugend sein. Hier werden wir noch viel zu tun haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


12.12.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was wir hier heute erleben, das ist ein Rückfall in alte Zeiten oder vielleicht auch ein Vorgeschmack auf zukünftige. Jedenfalls hat es einen schalen Beigeschmack.

Was passiert heute? – Es wird die Zweidrittelmehrheit, eine Reformblockade für den Schulbereich, abgeschafft und gleichzeitig auch wieder eingeführt. Ich denke, es gibt kein einziges vernünftiges Argument dafür, im Schulbereich eine so genannte Reform­blockade aufrechtzuerhalten. Was unterscheidet den Schulbereich vom Bereich der Universitäten, vom Familienrecht, vom Adoptionsrecht oder von solch sensiblen Be­reichen wie dem Strafrecht? Nichts unterscheidet das Schulorganisationsrecht von diesen Fragen! (Beifall bei den Grünen.)

Das, was wir hier heute erleben, ist deswegen ein Rückfall, weil das vielen Österrei­cherinnen und Österreichern bereits bekannt ist. Über viele Jahrzehnte hinweg war die Republik aufgeteilt zwischen Rot und Schwarz. Ein wichtiges Element dieser Proporz­politik, in der es um Postenbesetzung gegangen ist, in der es auch um gegenseitige Blockaden gegangen ist, war die Verfassung und dass man in die Verfassung Dinge


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