Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 171

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Zeit seit dem Jahr 2000 nicht besonders günstig war für die Realisierung der in Lissabon beschlossenen Ziele, aber dann heißt es wörtlich in diesem Bericht:

„Doch liegt es eindeutig auch an der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten selbst, wenn sich Fortschritte nur langsam einstellen. Denn in vielen Bereichen der Lissabon-Strategie wurde es versäumt, die Reformen mit dem erforderlichen Nach­druck voranzutreiben.“

Ich glaube, ich muss das nicht weiter zitieren. Deutlich ist, dass die Mitgliedstaaten offenbar nicht engagiert genug tätig geworden sind. Und dann treffen sich die Staats- und Regierungschefs nach fünf Jahren auf der Basis dieses Berichtes wieder, be­schließen 40 neue Punkte, davon 28, die operativ umsetzbar sind – und dann fährt der Bundeskanzler nach Hause, wir fragen ihn, was er tun und was er veranlassen wird im Rahmen der von ihm geführten Regierung, und er sagt, dass er leider nicht zuständig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler sagt sogar noch mehr: Auf eine der Fragen bekomme ich sogar zehn Antworten – und er ist für keine zuständig! Er ist für keine von den Antworten, die er mir dort gegeben hat, zuständig, aber er hat die Gelegenheit genützt, dort eine Werbeaussendung zu placieren, nämlich zu sagen, was er bei dem großen Showgipfel am 1. Mai 2005 alles hat beschließen lassen. Unter anderem, dass sich die Sozialpartner bemühen werden, Sozialpartner zu sein. – Toll. Herzlichen Glückwunsch!

Wenn wir wollen, dass tatsächlich in Europa Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn wir wollen, dass Europa wirklich ein wissensbasierter Raum wird, in dem auch der soziale Zusammenhalt gefördert wird, wenn wir wollen, dass Europa wirtschaftlich wettbewerbsfähig, aber für die Bewohner, für die Menschen, die in diesem Raum leben, auch wirklich lebenswert ist und bleibt und dort, wo das noch nicht der Fall ist, wird, dann muss auch von den Regierungschefs zu Hause zumindest der Versuch unternommen werden, die zuständigen Regierungskollegen in die Umsetzung dieser Strategie mit einzubinden.

Und dann frage ich Sie – stellvertretend Sie, Herr Staatssekretär Morak; ich hätte gerne den Herrn Bundeskanzler gefragt –: Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, das, was dort beschlossen worden ist, hier bekannt zu machen und dafür zu sorgen, dass es geschieht? Beschlüsse oder Schlussfolgerungen des Vorsitzes nach Sitzungen des Europäischen Rates sind für die Regierungsmitglieder in Österreich nicht verbindlich. Der österreichische Bundeskanzler kann auch nicht das, was der deutsche Bundes­kanzler könnte, nämlich hier anschaffen, was zu geschehen hat, denn die Minister sind oberste Organe – und der Bundeskanzler ist natürlich kein Bundesminister für alles; das wissen wir.

Aber wenn der Herr Bundeskanzler nicht einmal dafür zuständig ist, in der von ihm geführten Regierung zu veranlassen, dass alle bereit sind, das, was er im Namen der Republik in Brüssel beschließt, umzusetzen und auch darüber zu berichten, bis wann die Umsetzungsschritte gesetzt werden, und dann auch wieder darüber zu berichten, welche Effekte das gehabt hat, dann wäre es besser und billiger, meine sehr geehrten Damen und Herren, er würde nicht dorthin fahren und eben dort keine Beschlüsse fassen, denn dann ist es wertlos, dass er im Europäischen Rat Beschlüsse fasst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich jetzt schon zum Schluss kommen – es ist nicht unbedingt notwendig, zu diesem Thema lange zu sprechen. Ich möchte nur wissen, was sich die Menschen denken sollen, wenn sie diese Abfolge zur Kenntnis nehmen.

 


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