Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 177

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haben. Ich begrüße es, dass die Sozialdemokratie ebenfalls zu dieser Erkenntnis kommt, vermisse eine solche allerdings in jener Zeit, als wir der Europäischen Union beigetreten sind. Ich glaube, es war nicht gut, alles schönzufärben, nämlich dort, wo auch konstruktive Kritik angebracht gewesen wäre.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Frühjahrsgipfel 2005 hat die Kommission eine Mitteilung vorgelegt, wonach es um Zusammenarbeit für Wachstum und Beschäftigung gehen soll, einen Neubeginn für die Strategie von Lissabon. Die Schlussfolgerung des Vorsitzes zur Tagung des Europäischen Rates ist, dass dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Dem ist zuzustimmen. Die Ausgangsbasis, die Lissabon-Strategie des Jahres 2000, sieht ja vor, dass die Europäische Union innerhalb des nächsten, des laufenden Jahrzehnts, also bis 2010, zum weltweit wettbewerbsfähigsten und dynami­schesten wissensbasierten Wirtschaftsraum gemacht werden soll. Ein dauerhaftes Wachstum, mehr und bessere Arbeitsplätze sowie ein größerer sozialer Zusammenhalt sollen letztlich die Folge sein.

Das Ziel der EU erfordert gleichsam eine Zwischenbilanz. Tatsache ist, dass das Ziel verfehlt wird, das Wachstum zu gering ist, die Produktion zu gering ist. Wir wissen, wir haben auch eine sehr niedrige, ja sogar sinkende Geburtenrate und – obwohl wün­schenswert, aber mit entsprechenden Auswirkungen auf die Erreichung des Zieles – natürlich auch eine höhere Lebenserwartung.

Es rechtfertigt das alles durchaus eine Anfrage, wie sie Kollege Einem gestellt hat, und ich bin auch der Meinung, dass eine Anfragebesprechung Sinn macht. Warum? Weil ich glaube, dass es angebracht ist, einerseits die Entwicklung hin zu diesem Ziel zu betrachten, zu schauen, wo wir uns auf dem Weg zu diesem Ziel gerade befinden, die Entwicklung zur Europäischen Union zu betrachten, und andererseits die öster­reichische Situation innerhalb dieser Gemeinschaft, innerhalb der Mitgliedstaaten dar­zustellen.

Da bedauere ich es, dass es Kollege Einem darauf reduziert, das polemisch darzu­stellen: Der Kanzler reist nach Brüssel und redet dort mit seinen Regierungskollegen, man beschließt etwas, Kanzler fährt nach Hause. Das war’s dann, und es erfolgt keine Umsetzung.

Ich stelle fest: Erstens ist Österreich nicht für den Gesamterfolg oder das Nicht-Erreichen der Lissabon-Strategie verantwortlich zu machen. Und zweitens: Wenn man Österreich für sich betrachtet, isoliert als Mitgliedstaat betrachtet, dann sieht das durch­aus positiv aus. Ich möchte da den ungefähr ein halbes Jahr alten Wim Kok-Bericht erwähnen. In diesem Bericht wird Österreich drei Mal positiv erwähnt . Das Zwischen­ziel im Bereich der Beschäftigung für 2005 ist mit 67 Prozent erreicht, ebenso das Frauenbeschäftigungs-Ziel. Da können wir sagen, es ist zu gering, aber das Ziel für 2010, nämlich 60 Prozent, ist ebenfalls erreicht. Und ich erwähne auch noch die Vollliberalisierung des Gas- und Strommarktes.

Eine Diskussion macht also, wie ich meine, Sinn. Wir können aber überlegen, wo wir noch besser werden können, auch wenn die EU insgesamt dieses Ziel nicht erreicht.

Ich stelle fest, Österreich ist auf einem guten Weg, ist auf einem richtigen Weg, Österreich ist reformfreudig, und das nicht, weil es der Hofmann sagt, sondern das wird ja letztlich von den ausländischen Medien bestätigt. Diese sprechen vom „Erfolgs­modell Österreich“. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ etwa schreibt: „Vom Trittbrett­fahrer der allgemeinen deutschen Nachkriegswohlfahrt“ „zum autonomen Erfolgs­modell“. – Ähnliches in der „Süddeutschen Zeitung“.

 


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