Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 87

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Ich war damals schon der Meinung, dass das Aussicht auf Erfolg haben muss, weil es einfach unerträglich ist, was gesagt worden ist.

Ich habe es auch als unerträglich empfunden, und es ist ein bisschen Bitterkeit auch bei dieser Freude dabei, dass das jetzt funktioniert und eine Einigung zustande gekom­men ist, eine gewisse Bitterkeit, weil die Person Kampl den Fehler nicht selber erkennt und zurücktritt. Das ist das Traurige, und es ist beschämend, dass er die Opposition dafür verantwortlich macht, nicht zurücktreten zu können. Das ist eine Verwechslung von Täter und Opfer, die offensichtlich bei Kampl ein Denkmechanismus ist. Aber es ist nicht die SPÖ und es sind nicht die Grünen dafür verantwortlich, dass er nicht zurück­tritt (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), und es ist illegitim zu sagen, es habe eine Hetzjagd auf den Kollegen Kampl gegeben. (Abg. Dr. Brinek: Wer hat das gesagt?) Das war der Parteichef des BZÖ, der gemeint hat, eine Hetzjagd hätte stattgefunden.

Er hat einen Fehler gemacht, und er war nicht fähig, diesen Fehler einzugestehen und schiebt die Schuld auf die Opposition. Ich finde, es ist auch keiner Rechtfertigung zu sagen, er sehe das aus der Perspektive eines Kindes. Ich denke, wenn ein Politiker am Ende seiner politischen Karriere vor dem Schritt steht, der Vorsitzende, der Präsident des Bundesrates zu werden, dann hat er Jahrzehnte Zeit gehabt, darüber nachzu­denken und sich zu überlegen, was damals tatsächlich passiert ist, und das auch zu verallgemeinern und darüber auch zu reflektieren.

Ich denke, wenn man sich vor Augen führt, auf welchem Grundstein die Republik ge­baut ist, und ein bisschen in der Verfassung blättert und die Unabhängigkeitserklärung von 1945 liest, wo steht, wir, die antifaschistischen Parteien Österreichs, erklären die Unabhängigkeit, dann weiß man, dass die kompromisslose Ablehnung des Faschis­mus und des Naziregimes der Grundbaustein der Zweiten Republik ist. Und wenn man den Eid auf diese Republik schwört, dann hat man diesen Grundstein immer vor Augen zu haben, immer zur berücksichtigen.

Es ist auch eine Bitterkeit in der heutigen Diskussion, weil nach wie vor ein großes Unrecht auch jetzt im Gedenkjahr noch immer nicht gelöst ist, und das ist die Frage der Wehrmachtsdeserteure. 22 000 Todesurteile hat es in der Wehrmacht gegeben, 15 000 sind vollstreckt worden. Das war in anderen Armeen ganz anders, dort waren es ein paar Dutzend. 22 000 Todesurteile, 15 000 Vollstreckungen! Jeder, der sich gegen diese Wehrmacht entschieden hat, hat das unter höchstem persönlichem Risiko getan. Und dass es bis zum heutigen Tag nicht möglich ist, dass diesen Personen, die unter Umständen im KZ für das Nein-Sagen zu dieser Wehrmacht gelitten haben, ge­foltert worden sind, die Pensionszeiten dafür nicht anerkannt werden, während nach wie vor Wehrmachtszeiten von Waffen-SS-lern anerkannt wird, das ist eine uner­trägliche Schieflage und eine unerträgliche Ungerechtigkeit, die bis heute fortwirkt. Es ist sehr schade und bedauerlich und beschämend, dass es nicht möglich ist, das in diesem Jahr zu lösen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich rede nicht von Amnestie oder Generalamnestie. Amnestie ist vor dem Hintergrund zu sehen: Du hast etwas Falsches gemacht, aber wir verzeihen es dir!, aber Rehabili­tierung bedeutet: Du hast etwas Richtiges gemacht!, und das bringt die Republik noch einmal explizit zum Ausdruck. Wir werden nicht müde werden, das weiter zu fordern und von den Regierungsparteien einzufordern.

Ich möchte noch kurz auf ein politisches Problem zu sprechen kommen, das der Kol­lege Lopatka jetzt angeschnitten hat mit dem Vorwurf, ein Machtwort wäre von der Opposition gefordert worden. Ich glaube, es ist schon legitim, von einem Bundeskanz­ler zu erwarten – erstens –, dass er kurz nach den entsprechenden Äußerungen nicht nur die Gudenus-Äußerung klar verurteilt, sondern auch die Äußerung von Bundesrat


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