Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 158

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die SPÖ war dagegen, die Grünen waren dagegen und das Liberale Forum war dagegen, dass man dieser Erweiterung eines Opferbegriffes, der dann ungeschichtlich und unpolitisch wird, nachgibt.

Schon wenige Jahre nach 1945, als der VdU das erste Mal hier in dieses Parlament eingezogen ist, hat einer der Vertreter des VdU genau diesen Anspruch erhoben: Herr Reimann, der immer im heftig deutschnationalen Eck war, hat gesagt: Wir täten uns viel leichter – ich kann Ihnen das entsprechende Zitat bringen –, wenn Sie – und damit hat er die ÖVP und die SPÖ gemeint, denn das waren jene beiden Parteien, die damals noch im Parlament waren –, wenn Sie endlich bereit wären, auch jene, die nach 1945 in irgendwelchen Kriegsgefangenenlagern waren, als Opfer anzuerkennen.

Und Sie (in Richtung SPÖ) und Sie (in Richtung ÖVP) haben beide gewusst, warum Sie dem nicht nachgeben – und zwar nicht deshalb, weil die ÖVP hartherzig war, weil die SPÖ hartherzig war, sondern weil das in dieser geschichtlichen Situation – und wir sind heute nicht weit davon entfernt – undenkbar war, und undenkbar ist, dass man Opfer und Täter in einem zusammenfasst und sie zu direkten und indirekten Opfern des Nationalsozialismus erklärt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Was Sie heute machen, ist ein Rückfall hinter einen Stand, den wir schon einmal erreicht haben! Vielleicht war der Konsens zwischen ÖVP, Grünen, Liberalen und SPÖ 1995 sehr brüchig, aber Sie haben es vertreten! Ich kann Ihnen die damaligen Beiträge bringen, als Herr Schwimmer von der ÖVP seine Erfahrungen berichtet und auch gesagt hat, warum es für ihn nicht in Frage komme, einem derartigen Antrag zuzustimmen. Genauso hat Herr Kostelka, der damals der Fraktionsführer der SPÖ war, erklärt, warum es nicht möglich sei, und welche ungeheuerlichen Anträge darüber hinaus von freiheitlicher Seite im dem damaligen Plenum vorausgehenden Ausschuss gekommen sind, durch die auch alle, die als belastete – nicht Kriegsgefangene, sondern jene, die in Internierungslagern hier im Land als belastete NSler interniert waren, ebenfalls in den Genuss dieser Ent­schädigung kommen hätten sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kriegsgefangenenentschädigungs­gesetz, das Sie von der ÖVP in der Allianz mit den Freiheitlichen beschlossen haben, schließt nicht aus, dass etwa ein Salzburger Polizeidirektor Hans Biringer – er war Sozialdemokrat, Sie können sich wieder zurücklehnen –, der im Internierungslager in Glasenbach war, unter Berufung auf das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz eine Entschädigung bekommt.

Das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz schließt auch nicht aus, dass – und ich nehme an, er hat diesen Antrag nicht gestellt – ein Dr. Heinrich Gross – Sie wissen, von wem ich spreche –, der nach 1945 als Kriegsgefangener interniert war, unter Berufung auf eben dieses Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz unter den von Ihnen neu postulierten Opferbegriff fällt. Er ist auch ein indirektes Opfer des National­sozialismus, er hat hohe Auszeichnungen dieser Republik erhalten, es gibt nach dem Gesetzestext überhaupt keinen Grund, ihn davon auszuschließen!

Sie haben also damit eine Situation geschaffen, wo Opfer und Täter in einem Boot sitzen. Das ist unverzeihbar, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich wiederhole, ich stimme mit allen überein – und ich kann in diesem Punkt sogar Herrn Kampl verstehen: Er hat damals seinen Vater für zwei, drei Jahre in ein Internierungslager verloren. Dass ein Kind um seinen Vater trauert, wenn es ihn in der Jugend nicht hat, ist verständlich. Trotzdem, es muss für jeden und für jede in dieser Republik klar sein, dass ich dann, 30, 40 Jahre später nicht hergehen und sagen kann:


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