Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 69

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Sie bejubeln, dass jetzt nicht mehr „Leibesübungen“ gesagt wird, sondern „Bewegung und Sport“. – Darüber könnte man vielleicht jubeln, denn da ist wenigstens das Wort „Bewegung“ drin. In den Schulen ist es ohnehin nicht mehr möglich, ausreichend Be­wegung zu machen.

Sie bejubeln, dass fünf Lehrer-Stunden für die Nachmittagsbetreuung eingesetzt wer­den können. – Auch das war bisher schon möglich, nur waren die Durchführungsge­setze nicht wirklich geeignet, das auch umzusetzen.

Sie bejubeln vor allem eine massive Mehrbelastung der Gemeinden. – Darf ich Ihnen am Beispiel meiner Gemeinde, Schwertberg, sagen, was das heißt? Wir haben seit längerem Nachmittagsbetreuung, und das kostet die Gemeinde pro Kind jährlich 1 000 €. 15 bis 18 Schülerinnen und Schüler haben wir in dieser Nachmittagsbetreu­ung, und das bedeutet 15 000 bis 18 000 € pro Jahr.

Noch nicht mit berücksichtigt ist die soziale Staffelung, die ganz wesentlich ist, meine Damen und Herren! Wir können die besten Nachmittagsbetreuungen einrichten – wenn es sich die Eltern auf Grund der sinkenden Einkommen nicht leisten können, dann ist das alles umsonst. Aber gerade diese brauchen ganz dringend eine Nachmittagsbe­treuung für ihre Kinder, weil sie nämlich arbeiten gehen müssen, um sich einen eini­germaßen annehmbaren Lebensstandard leisten zu können.

Dazu kommt, dass all jene Gemeinden, die diese Einrichtungen schon vorher hatten, diese fünf Lehrer-Stunden, so nach dem Motto: Ätsch, ätsch!, jetzt nicht zugestanden bekommen. Das, Frau Bundesministerin, ist eine gravierende Ungerechtigkeit gegen­über denjenigen, die sich schon früher über diese Thematik Gedanken gemacht haben.

Eine zweite Überlegung: Ein Drittel der österreichischen Gemeinden kann ihre Haus­halte nicht ausgleichen. – Wie wollen Sie bewerkstelligen, dass in diesen Gemeinden Nachmittagsbetreuung angeboten wird, wenn nicht gleichzeitig das notwendige Geld dafür zur Verfügung gestellt wird, sehr geehrte Frau Bundesministerin? Ins Wirtshaus essen zu gehen und dann auf einem Bauernhof die Betreuungseinheit zu absolvieren, solche Modelle werden nicht möglich sein, wenn wir von einer qualitativ und pädago­gisch hoch stehenden Betreuung unserer Kinder reden.

Wenn Sie meinen, das könnte ja Gemeinden übergreifend gemacht werden, dann sehe ich darin eher eine Verteuerung. Es ist doch sicher so, dass, wenn ein Kind aus einer Gemeinde in eine andere kommt, dort auch der Beitrag zu leisten ist – Punkt eins –, und dazu kommen – zweitens – noch die Transportkosten. Sie verkürzen die Betreu­ungszeit, weil man die Kinder ein bisschen herumführen kann, aber das ist auch nicht die Lösung.

Es ist außerdem in diesem Gesetz nicht vorgesehen, wie – ähnlich wie bei den Gast­schulbeiträgen – der Austausch zwischen den Gemeinden ablaufen soll. Das ist leider nicht geregelt.

Was mich sehr verwundert – das ist jetzt eine Frage beziehungsweise spreche ich da­mit alle Gemeindevertreter an –: Der Städtebund hat einen Konsultationsmechanismus ausgelöst, weil es einfach ein Unding ist, dass eine obere Instanz etwas beschließt, was eine untere Instanz zu zahlen hat. Der Bund beschließt, die Gemeinden zahlen. Der Städtebund hat diesen Mechanismus ausgelöst, der Gemeindebund hat sich vom Konsultationsmechanismus zurückgezogen. Wenn ich mich an die starken Worte des Präsidenten Mödlhammer beim Gemeindetag erinnere, dann, muss ich sagen, bin ich schon sehr enttäuscht. Wen vertritt hier der Gemeindebund?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eltern und Schüler, die auf Grund der von mir geschilderten Umstände auch in Zukunft keine Nachmittagsbetreuung haben können, können nicht jubeln. Die Gemeinden können auch nicht jubeln.

 


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